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Kein Sieg für die Presse

■ Freispruch wegen veröffentlichtem Cromme-Telefonat

Dürfen Journalisten die „Vertraulichkeit des Wortes“ verletzen? Im Prinzip nein, sagt das Gesetz, über den Einzelfall entscheiden die Gerichte. Diese Regel gilt allerdings nicht für alle. Die staatlichen Geheimdienste haben sich zu allen Zeiten um solche Vorschriften wenig geschert. Um die jeweils herrschende Regierung mit Vertraulichem zu versorgen, wurden und werden Milliarden Dollar und Mark investiert. Die jüngsten Veröffentlichungen über den US-Geheimdienst NSA lassen das Ausmaß der gigantischen Bespitzelung, die keinen persönlichen Bereich ausspart, in Umrissen erkennen. Wieviel Staatsanwälte ermitteln? Wieviel Gerichte verurteilen den zigtausendfachen Bruch der Vertraulichkeit des Wortes?

Die Antwort kennen wir. Die Justiz steht still. Wenn aber ein vertrauliches Gespräch zwischen zwei Stahlbossen veröffentlicht wird, dann kommt der Apparat in Schwung, wird der Generalstaatsanwalt vom sozialdemokratischen Justizminister in Bewegung gesetzt. Um die Privatsphäre, um unsere privatesten Geheimnisse zu schützen? Davon kann keine Rede sein. Diese in der Tat schützenswerten Rechtsgüter waren durch die Veröffentlichungen nie in Gefahr. Tatsächlich ging es darum, die geheimen Absichten der Stahlbarone zur Zerschlagung eines Arbeitskampfes zu veröffentlichen und den in Rheinhausen schon als Gerücht kursierenden ungeheuerlichen Verdacht zu klären, demzufolge die Landesregierung den Stahlbossen nahegelegt hatte, die Hütte in Rheinhausen nur „möglichst schnell“ zu schließen, weil dann der „Krach“ weg sei. Genau dies hatte Cromme gegenüber Kriwet am Telefon behauptet.

Dieses Wissen durfte nicht verschwiegen werden. Eine Veröffentlichung war im Sinne der Presse- und Informationsfreiheit geradezu zwingend. Der Freispruch des ehemaligen 'UZ'-Chefredakteurs kommt da gerade recht. Einen wirklichen Sieg für die kritische Presse hat der Prozeß aber dennoch nicht gebracht, weil das Gericht die Veröffentlichung im Kern als „nicht gerechtfertigt“ einstufte. Der Freispruch erfolgte allein deshalb, weil die absurde juristische Konstruktion der Anklage auch dem Richter zu weit ging.

Walter Jakobs

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