Konrad Lorenz gestorben

■ Der Vater der Graugans wurde 85 / Umstrittenes Interview kurz vor seinem Tod

Berlin (taz) - Der berühmte Biologe und Verhaltensforscher Konrad Lorenz ist am Montag in seinem Haus in Niederösterreich im Alter von 85 Jahren an Nierenversagen gestorben. „Ich verdränge den Gedanken an den Tod mit Erfolg. Ich will nichts davon wissen. Man kann sagen, daß jeder Mensch ein bißchen - uneingestandenermaßen - glaubt, für ihn werde eine Ausnahme gemacht: Jetzt bin ich schon so alt und bin immer noch nicht gestorben.“ Dies sagte er noch in seinem letzten Interview in der 'Natur‘.

Lorenz wurde durch seine Forschung mit Graugänsen und seine Arbeit über den menschlichen Aggressionstrieb bekannt. In seinem Standardwerk Das sogenannte Böse beschrieb er die Aggressivität als tierisches Erbe. 1973 erhielt Lorenz den Nobelpreis für die Grundlegung einer neuen Wissenschaft: die Verhaltensforschung. Lorenz hat auch zahlreiche Tierbücher geschrieben, mit denen er sich eine riesige Lesergemeinde erschloß. Er redete mit dem Vieh und So kam der Mensch auf den Hund waren zwei seiner erfolgreichsten Veröffentlichungen.

In dem 'Natur'-Interview sorgten Lorenz‘ umstrittene Äußerungen erneut für massive Proteste. Hier zeigte sich die andere Seite des Konrad Lorenz, der in der Nazizeit als Propagandist „rassenpflegerischer Maßnahmen“ auftrat. Der „rassische Gedanke als Grundlage unserer Staatsform hat schon unendlich viel geleistet“, schrieb er 1940. Lorenz forderte eine harte Auslese des „gesunden Volkskörpers“. Später distanzierte er sich von solchen Äußerungen.

In dem 'Natur'-Interview hatte er moniert, daß „die Gangster sich unbegrenzt und sorglos vermehren“, während die ethisch hochstehenden Menschen nicht so viele Kinder hätten. Mit Blick auf das Bevölkerungswachstum sagte er, „man könnte daher eine gewisse Sympathie für Aids bekommen“.

Lorenz hatte sich in den letzten Jahren vor allem als Naturschützer und Ökologe profiliert. Zur katastrophalen Situation unserer Zeit bemerkte er: „Es ist eine einmalige Situation, daß dieses blöde Vieh (der Mensch) mit seinem Gehirn imstande ist, sich selbst und alle anderen auszurotten. Man kann fast nicht daran glauben. Ich glaube, die Unglaublichkeit der Situation trägt mit dazu bei, daß man sie nicht so ernst nimmt, wie es sich gehörte.“