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Khomeini läßt Gesetzesbrecher öffentlich hinrichten

In einem Monat 183 Personen öffentlich gehängt / Politische Gefangene kommen nur frei, wenn sie „Reue“ zeigen / „Umkehrer“ als Demonstrationsobjekt im Fernsehen  ■  Aus Teheran Bibi Jenkins

Knapp drei Wochen ist es her, da waren die Staßen Teherans erleuchtet, Girlanden und Lampions schmückten die Stadt. Die sonst so düsteren Radio- und Fernsehsendungen waren heiter und freundlich. In den Theatern wurden Klassiker und moderne Stücke aufgeführt. Ein „Seminar der islamischen Theoretiker“ tagte mit internationaler Prominenz. Zur Krönung des Programms wurde ein Filmfestival veranstaltet, an dem ausländische Gäste teilnahmen. Iran feierte den zehnten Jahrestag der Revolution.

Doch selbst in diesen Tagen setzte das Regime die öffentlichen Hinrichtungen von Einbrechern, Schmugglern und Personen, die wegen „Unzucht“ verurteilt worden waren, fort. Im Gegensatz zu den Exekutionen von politischen Gefangenen werden diese zum Tode verurteilten Personen auf zentralen Plätzen in Städten des ganzen Landes gehenkt. Galgen werden errichtet und die Bewohner der Umgebung aufgefordert, den Hinrichtungen beizuwohnen. In der Zeit vom 1.Januar dieses Jahres bis zum 1.Februar wurden 183 Personen in aller Öffentlichkeit getötet, darunter zehn Frauen (siehe Kasten).

In den vergangenen Wochen gab es aus Anlaß des Jahrestags Meldungen über Amnestien; allerdings ist unklar, wieviele Personen überhaupt davon betroffen sind und nach welchen Kriterien dabei vorgegangen wird.

Revolutionsführer Khomeini gab beispielsweise am 8.Februar eine Amnestie für alle politischen Gefangenen bekannt, die kein „kriminelles Delikt“ begangen haben. Angesichts der mehreren tausend politischen Häftlinge, die in den vergangenen Monaten hingerichtet worden sind, sind diese Ankündigungen ein Hohn. Außerdem mußten diejenigen, die jetzt tatsächlich freikommen, ihre „Umkehr“ mehrfach unter Beweis stellen. Es sind Einzelfälle bekanntgeworden, in denen diese Personen aufgefordert wurden, Mitgefangene zu töten, weil diese angeblich auf Anweisung der oppositionellen Volksmudschaheddin Menschen getötet hätten. Sicher ist, daß diese Menschen durch den in den Gefängnissen ausgeübten Druck als psychische Wracks entlassen wurden.

Als Beweise für die Behandlung im Teheraner Evin-Gefängnis für politische Gefangene, das offiziell als „Lehranstalt“ bezeichnet wird, gelten Personen wie der ehemalige Cheftheoretiker der prosowjetischen Tudeh-Partei, Tabari, oder der ehemalige Parteichef Kianuri. Beide nahmen an dem erwähnten Seminar der islamischen Theoretiker teil, obwohl sie in Evin einsitzen.

Als ein weiterer Beweis für die Fähigkeiten der „Lehrer“ in Evin wird Shahsavandi präsentiert. Er wurde bei dem letzten Angriff der Volksmudschaheddin im Juli festgenommen und dort eingeliefert. Eine Woche vor Beginn der Revolutionsfeierlichkeiten führte man ihn jeden Abend vor den Nachrichten im Fernsehen vor. Dabei wurde er von einem ehemaligen Oppositionellen, der jetzt zu den „Betreuern“ zählt, interviewt. Shahsavandi berichtete, daß die Mudschaheddin in all den Jahren unerfahrene Jugendliche verführt und machthungrig in den Krieg gegen die islamische Revolution geschickt hätten, eine Revolution, die wahrlich im Interesse des Volkes voranschreite.

Freitags zeigt das Fernsehen die Schandtaten des SAVAK, des Geheimdienstes des Schah-Regimes. Alle Streifen enden damit, daß die islamische Revolution diesen Schrecken ein Ende bereitet hat. Ein Ende der Schrecken des Khomeini-Regimes ist nicht absehbar.

Erst vorgestern ist eine Gruppe von 50 Drogenschmugglern, darunter zwei Frauen hingerichtet worden. Seit Ende Dezember 1988 seien über 200 Drogenschmuggler im Iran gehängt worden, so heißt es von der iranischen Nachrichtenagentur 'Irna‘

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