: Drucker streiken für freien Samstag
■ Bremer Nachrichten und Weserkurier erscheinen heute nicht / Große Streikbeteiligung auch bei Angestellten / Für freies Wochenende und Entschädigung für Steuerreform / Redakteure langweilten sich
„Dieser Betrieb wird bestreikt“ stand gestern unübersehbar an den Toren des BRETAG-Verlagshauses in der Martinistraße. Die Folge des Warnstreiks, zu dem die IG-Druck aufgefrufen hatte: Bremer Nachrichten und Weserkurier erscheinen heute nicht.
Hauptziel der Streikenden ist die Festschreibung des Samstags als grundsätzlich arbeitsfreies Wochenende. Die Druckindustrie möchte dagegen den Samstag zum normalen Werktag machen. Wochenendzuschläge und zusammenhängende Freizeit wären in Gefahr. Außerdem fordert die IG-Druck einen Ausgleich für die Verluste der Drucker durch die Steuerreform. Bis zu einem Mo
natslohn jährlich kassiert das Finanzamt von ihnen zusätzlich, weil die Steuerfreiheit der Nacht-und Sonntagsarbeit abgeschafft wurde. Schließlich wollen die Streikenden die Überstunden auf höchstens 25 pro Quartal begrenzen und eine tarifliche Mindestabsicherung für Teilzeitbeschäftigte durchsetzen.
Bei der BRETAG ist - wie in vielen anderen Zeitungsverlagen die Samstags-Arbeit schon heute die Regel. „Das ist ein Konflikt mit grundsätzlicher Bedeutung“, meint der Betriebsratsvorsitzende Kurt Müller trotzdem. Die Tageszeitung müsse natürlich gedruckt werden, die Gewerkschaft wehrt sich aber gegen weitere Druckaufträge für das Wochen
ende, die nicht termingebunden sind.
„Diesmal haben auch die Angestellten voll mitgezogen“, lobte Müller gestern Nachmittag auf einer Streikversammlung. Nur 37 Kollegen hätten sich am Morgen „an den Streikposten vorbeigeschlichen.“ In der Kundenhalle klapperten unterdessen die Tasten der Eingabegeräte für Kleinanzeigen. „Hier arbeiten fast alle“, meinte eine Mitarbeiterin, „Anzeigen für Freitag werden allerdings gar nicht erst angenommen.“ In der Nacht sollte trotzdem sicherheitshalber auch die Druckerei in Woltmershausen bestreikt werden.
Verleger Herbert C. Ordemann nahm den Ausfall der Frei
tags-Ausgabe gestern gelassen: „Der Streik erfolgt im Zuge der andauernden Tarifauseinandersetzungen“, erklärte er.
In Bremerhaven war bereits die Donnerstags-Ausgabe der „Nordseezeitung“ bestreikt worden. Keine Lokalzeitung gibt es heute auch in Delmenhorst, Osterholz, Rotenburg und Zeven. Schlechte Nachrichten kamen dagegen aus Oldenburg: „Die NWZ ist so dick wie immer erschie
nen“, teilte Müller den Streikenden mit. Im NWZ-Verlag werden auch die Anzeigenzeitung „A bis Z“ und der „Weserreport“ gedruckt.
Während die organisierten Arbeiter und Angestellten der BRETAG gestern streikten, langweilten sich die Redakteure. Sie waren zwar zur Arbeit erschienen, fanden es aber wenig sinnvoll, Artikel zu schreiben, die doch nicht gedruckt werden.
Ase
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