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REPs: Männertruppe im Rampenlicht

■ Konstituierende Sitzung des neuen Abgeordnetenhauses verlief ruhiger als erwartet / Protest gegen den Einzug der „Republikaner“ im Parlament und auf der Straße / Debatte zu politischem Extremismus / Eberhard Diepgen trat erst am Nachmittag zurück

Wenn nicht die vielen Fernsehkameras bedeutungsschwanger im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses Aufstellung genommen und daran erinnert hätten, daß diese konstituierende Sitzung des Abgeordnetenhaus einiges an Spannung versprochen hatte, man hätte es gleich vergessen. Selbst vor dem Rathaus Schöneberg versammelten sich viel weniger Demonstranten außerhalb der Bannmeile als erwartet. Etwa 200 Personen waren es nach Polizeiangaben, die sich am Vormittag vor dem Sitz des Landesparlaments eingefunden hatten. Acht Leute wurden festgenommen, zwei davon wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und sechs wegen des Verstosses gegen das Bannmeilengesetz.

Oben im Plenarsaal herrschte zunächst Verwirrung vor. Gleich dreimal erhoben sich Abgeordnete, Presse und Publikum zu Anfang, weil sie meinten, daß sich das so gehöre bei einer konstituierenden Sitzung. Als der Alterspräsident Ernst August Poritz (CDU) schließlich das Stichwort „erheben wir uns“, nuschelte, taten es einige Abgeordnete dann erst gar nicht mehr. Verwirrung gab es auch, als die vier Beisitzer - die vier jüngsten Abgeordneten - neben dem Präsidenten Platz nehmen sollten. Diesmal waren es ein „Republikaner“ und drei Alternative. Letztere mochten sich nicht neben Carsten Pagel setzen. Der AL-Abgeordnete Albert Eckert stellte sich demonstrativ hinter seine sitzenden Fraktionskolleginnen Lydia Hohenberger und Sabine Weißler. Poritz ließ den stehenden ALer von Pförtnern von seinem Platz entfernen. Poritz rief den CDU-Abgeordneten Ingo Schmitt an die rechte Seite von Pagel. Die jüngsten Abgeordneten hatten nichts anderes zu tun, als die Namen der Abgeordneten vorzulesen und die Beschlußfähigkeit festzustellen.

In der Brandenburghalle, in der alle die meiste Zeit verbrachten, weil die Namenslisten noch einige Male verlesen werden mußten, drängelten sich die Fotografen um die elf „Republikaner“. Bereitwillig stellten diese sich für ein Gruppenfoto den Blitzgewittern der Pressekameras.

Drinnen waren derweil sowohl der selbst in seiner eigenen Fraktion umstrittene Filmkaufmann Jürgen Wohlrabe (CDU) zum Parlamentspräsidenten und Marianne Brinckmeier (SPD) und Hilde Schramm (AL) zu Vizepräsidentinnen gewählt worden. Die SPD hatte eine der ihr zustehenden Vizepräsidentenposten an die AL abgegeben. Wohlrabe bekam bei der geheimen Abstimmung 79 Ja-Stimmen, 54 Nein-Stimmen und vier Enthaltungen. 137 der 138 Abgeordneten waren erschienen, ein SPDler fehlte, weil er krank war. Brinckmeiers Wahlergebnis war 83:42:10 und das von Hilde Schramm 73:55:3. Mit diesem Wahlergebnis sei die erste rot-grüne parlamentarische Probe bestanden, freute sich SPD-Sprecher Werner Kolhoff. Dann wurde es ernst im Plenarsaal.

Das hohe Haus debattierte das Thema „Politischer Extremismus - Gefahr für die parlamentarische Demokratie“. Heidi Bischoff-Pflanz erklärte, es sei eine Partei ins Parlament eingezogen, „deren politische und geistige Wurzeln im deutschen Faschismus liegen“. Sie plädierte dafür, nicht administrativ gegen „den wiedererstarkenden Neonazismus“ vorzugehen, sondern sich mit ihm „politisch -gesellschaftlich“ auseinanderzusetzen.

Doch erst einmal setzte sich die AL durch eine Aktion mit den REPs auseinander. Als der Vorsitzende der „Republikaner“ -Partei, Bernhard Andres, anhob, zu den „lieben Berlinerinnen und Berlinern“ zu reden, stellte sich die AL -Fraktion in eine Reihe und ließ Schilder mit je einem Buchstaben sehen, die den Imperativ „Wehret den Anfängen!“ ergaben. Vom frischgekürten neuen Parlamentspräsidenten aufgefordert, dies zu unterlassen, verließ die Fraktion den Saal.

Sofort ertönten von der Zuschauertribüne her die Rufe „Nazis raus“, und eine kleine Gruppe erhob sich und sang die Internationale, wobei ihnen Merkzettel dabei halfen, den Text zu memorieren. Bevor Ordner kamen, legte eine Zuschauergruppe um den gerade ausgeschiedenen CDU-Mann Krüger Hand an die Sänger.

Andres fuhr fort und drehte den Spieß einfach um. Er sah unter „dem rot-grünen Hemd das braune Hemd“ hervorscheinen. Der REP-Chef attackierte nicht nur die „linksextremistische AL“, sondern drohte unverhohlen in Richtung CDU. Ihr werde gar nichts anderes übrigbleiben, als sich „mit uns zu unterhalten“ und die „Hand der politischen Leiche FDP loszulassen“. Ihre Ausländerbeauftragte Barbara John sei der „letzte Nagel zum Sarg der Wende“, sagte der Vertreter der Partei.

Jürgen Wohlrabe bat den neuen Abgeordneten eindringlich „mein ganz persönlicher Wunsch an Sie“ - doch demnächst in der Wortwahl moderatere Töne anzuschlagen. Dabei hatte der gleiche Wohlrabe vorher den Abgeordneten dargelegt, er glaube, daß „die gelegentliche Entgleisung unausweichlich“ sei. Man möge doch bitte „überwiegend“ den fairen Umgang miteinander praktizieren.

Walter Momper sah in dem Anwachsen der „Republikaner“ auch Anlaß zur Selbstkritik. Die Politiker hätten nicht erkannt, „was einen Teil der Bevölkerung wirklich bewegt“. Momper wehrte sich gegen die von der CDU betriebene Gleichsetzung von „Republikanern“ und AL und geriet fast ins Schwärmen über den neuen Bündnispartner.

Eberhard Diepgen tat mit seiner Rede genau das, was Momper gerade kritisiert hatte. Er sah keine großen Unterschiede zwischen AL und „Republikanern“. Sie seien beide „schlimme Vereinfacher“. Unruhig wurde es im Saal, als Eberhard Diepgen offenbar nicht begreifen wollte, daß er als Abgeordneter an eine Redezeitbegrenzung gebunden war. Dreimal mußte er ermahnt werden, endlich seinen letzten Satz zu sprechen. Den Akt des Rücktritts per Briefübergabe zwei Türen weiter absolvierte Diepgen erst am Nachmittag. Seine Einschätzung gegenüber Journalisten: Die Zeichen stehen auf Rot-Grün. Er rechne aber nicht damit, daß dieses Bündnis vier Jahre lang halte. Er stünde jedenfalls auch schon früher wieder zur Verfügung.

RiHe

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