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Krauss-Maffei blickt voraus

■ Neue Töne aus der 150jährigen Panzerschmiede Ziviltechnik muß das „Panzer-Tal“ überbrücken

Wenn die Kopfwehtablette wirkt, der goldgelbe Guglhupf mal wieder besonders locker geworden ist und Bayerns Bergseen tiefblau strahlen - dann, ja dann verdanken wir das wieder einmal Krauss-Maffei.

So jedenfalls suggeriert es der Hochglanzprospekt der Münchner Panzerschmiede, der zum 150.Jubiläum erschien. Der Festakt wird heute in der Münchner Residenz nachgeholt, da der Firma zum ursprünglichen historischen Datum am 8.Oktober vergangenen Jahres nicht zum Feiern zumute war. Grund: Fünf Tage zuvor starb der bayerische Landesvater und Rüstungslobbyist F.J.Strauß.

Aber ob die Stimmung bei den Herren von Krauss-Maffei jetzt besser ist, bleibt dahingestellt. Noch ist das „Panzer-Tal“, entstanden durch eine restriktivere Exportpolitik in der Wehrtechnik und geringeren Etat des Verteidigungsministeriums, nicht überwunden. Da keine neuen Panzerbestellungen eingingen, schrumpften auch 1988 Umsatz und Auftragseingang. Nach wie vor liegt jedoch der Anteil der Rüstungsproduktion des Konzerns mit 1,3 Milliarden bei 65 Prozent.

Als der Maschinenbauingenieur und Mechaniker Burkhard Wollschläger Anfang 1986 den Posten des Vorstandschefs übernimmt, befindet sich das frühere Flick-Unternehmen auf einer rasanten Talfahrt. Die Zivilbereiche werden unter Eigentümer Flick - die Flick-Buderus hält bis 1985 96,4 der Anteile von Krauss-Maffei - gänzlich vernachlässigt. Flick verläßt sich ganz auf die lukrativen Rüstungsaufträge. Als Flick im Frühjahr 84 durchblicken läßt, daß er seine „Panzertochter“ verkaufen will, ist Strauß zur Stelle. Er trommelt eine Übernehmergruppe aus MBB, Diehl GmbH, Dresdner Bank, Bayerischer Vereinsbank sowie der „Bayerischen Landesanstalt für Aufbaufinanzierung“ (LfA) zusammen und läßt sie 81,4 Prozent der Anteile an dem wichtigsten Panzerproduzenten der BRD übernehmen.

Bei Krauss-Maffei jedoch bleibt Wollschläger, nachdem das Beschaffungsprogramm der Bundeswehr und anderer Nato-Staaten für Leopard-Panzer und Flugabwehrwaffen zum Stillstand gekommen ist, nichts anderes übrig, als die zivilen Bereiche auszuweiten. „Wir wollen ein Maschinenbaukonzern werden“, verkündet der forsche Manager.

Nach dem Motto „In der Not frißt der Teufel fliegen“ sollen Kunstoff- und Verfahrenstechnik die Durststrecke überbrücken helfen. Der Rationalisierungskur fallen natürlich auch Arbeitsplätze, knapp 300, zum Opfer. Es dauert fast zwei Jahre, bis zumindest in der Kunststofftechnik etwa 24 Millionen Mark Umsatz erzielt werden. Aber auch 1987 sind die fünf eigenständigen Zivilbereiche Kunststoff, Verfahrens -, Verkehrs-, Gieß- und Automationstechnik nur knapp in den schwarzen Zahlen.

Einziger Silberstreif am Rüstungshorizont für den wichtigsten Panzerhersteller im Nato-Bereich ist der mit 80 Millionen dotierte Entwicklungsauftrag für eine Panzerhaubitze der Bundeswehr. Trotzdem verkündet die Firma: „Krauss-Maffei blickt nach vorn.“

lui

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