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Von der Lok „Landwührden“ zum Panzer „Leopard“

Krauss-Maffei: Wie sich eine harmlose Lokomotiv-Fabrik im Zeichen von Nationalsozialismus und Wiederbewaffnung zum Rüstungsgiganten mauserte  ■  Von Luitgard Koch

München (taz) - Begonnen hat alles einmal ganz harmlos mit der guten alten Dampflok. Joseph Anton Ritter von Maffei war der Begründer des Münchner Lokomotivbaus. Seine Lokomotivfabrik entstand 1838 aus einem Hammerwerk in Hirschau. „Der Münchner“, auf diesen Namen taufte folglich König LudwigI. die 1841 von Ritter Maffeis Firma fertiggestellte Lok. Zwanzig Jahre später feierte Maffei bereits die Ablieferung der 400.Lok. 1867 steigt der Ingenieur Georg von Krauss und ehemaliger Schlosser der Maffei'schen Fabrik ebenfalls ins Lokomotivengeschäft ein und macht dem Ritter Konkurrenz. Das erste Glanzstück seiner Krauss&Comp. heißt „Landwührden“.

Bereits 1913 wird die bayerische Eisenbahn auf der Strecke Garmisch - Mittenwald bis zur österreichischen Landesgrenze elektrifiziert. An diesem Projekt sind das Land Bayern und der Alpenstaat Österreich beteiligt. Eigens für diese steigungsreiche Strecke baut die Firma Maffei fünf Triebwagen, die bei einer Leistung von bis zu 965 PS eine Spitzengeschwindigkeit von 45 km/h erreichen. Im selben Jahr erläßt der bayerische Verkehrsminister Lorenz von Seidlein ein Streikverbot für Eisenbahnarbeiter.

Die Fusion

1931 ist es dann soweit: Die beiden ursprünglich auf den Lokomotiven- und Waggonbau spezialisierten Unternehmen tun sich zusammen und fahren auf der gleichen Schiene. Diese Fusion kommt auf Betreiben der Großbanken zustande, die im Zuge der Wirtschaftskrise zusehends Einfluß auf die beiden Firmen erlangen.

Das Jahr 1932 steht im Zeichen der Wirtschaftskrise, ausgelöst durch den Schwarzen Freitag, dem Zusammenbruch der New Yorker Börse 1929. Im Deutschen Reich steigt die Zahl der Arbeitslosen auf sechs Millionen. Auch in Bayern schnellen die Arbeitslosenzahlen in die Höhe. Stand: 544.000 Arbeitslose. In den Industriezentren München, Nürnberg und Augsburg ist fast jeder Zehnte arbeitslos. Die NSDAP kann bei den Wahlen zum bayerischen Landtag ihren Stimmanteil von 6,3 auf 32,5 Prozent erhöhen und zieht Ende April mit 45 Abgeordneten ins bayerische Parlament ein.

Vor der Silhouette des Wettersteingebirges wird das erste gemeinsame Produktionsprogramm von Krauss-Maffei vorgestellt. Von Panzern keine Spur. Aber das sollte sich bald ändern. Bereits seit 1928 war Maffei mit der Zugmaschine ZW 10 am Rüstungsgeschäft beteiligt. Wie fast alle bayerischen Unternehmen, die mit wehrtechnischen Produkten hohe Umsätze erzielen und auf der bayerischen Hitliste der Rüstungsfirmen unter den ersten zwanzig sind, ist auch Krauss-Maffei bereits vor 1945 als Lieferant der Reichswehr und später der Wehrmacht im Rüstungsbereich tätig. Vor allem nach der Etablierung des Nazi-Regimes blüht das Geschäft. Von 1933 bis 1939 übernimmt die Firma Krauss -Maffei die Federführung bei der Entwicklung von Halbkettenfahrzeugen. Von 1939 bis 45 werden Panzerkampfwagen produziert.

Mit der von den Alliierten angestrebten Entmilitarisierung des besiegten Hitlerdeutschlands sinkt die rüstungswirtschaftliche Kapazität rapide. Nach 1945 beginnt Krauss-Maffei mit der Entwicklung von Motoren und Omnibussen. Ab 1955 wird das Vollkettenfahrzeug KM 12 hergestellt. In diesem Jahr übernimmt der Großindustrielle Kriegsgewinnler Friedrich K.Flick die Firma; der 72jährige kam fünf Jahre zuvor rüstig aus dem Kriegsverbrechergefängnis, um sein Konzernreich neu erstehen zu lassen. Im Zuge der Wiederbewaffnung der BRD steigen die Ausgaben des Bundesamts für Wehrtechnik und Beschaffung jedoch wieder. Waren es 1956 noch knapp über zwei Milliarden Mark, sind es 1963 bereits über neun Milliarden. Durch das erste Großwaffenprogramm „Leopard eins“ werden 1961 erstmals über 50 Prozent der Beschaffungsmittel an Firmen im Inland vergeben. Mit von der Partie im Leopardprogramm ist auch Krauss-Maffei.

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