: Hoffmann: „Ich habe nicht geschossen“
Dritter Verhandlungstag im Frankfurter Startbahn-Prozeß / Eichler gibt keine Erklärung zur Sache / Er zeigt sich enttäuscht von mangelnder Solidarität ■ Aus Frankfurt Edith Kohn
Nach Verlesen der Anklageschrift im Startbahnprozeß durch die Bundesanwaltschaft am vergangenen Dienstag hatten die neuen Angeklagten gestern am dritten Prozeßtag Gelegenheit, sich zur Anklage zu äußern. Während sich Frank Hoffmann lediglich mit einem Satz zu Wort meldete: „Am 2.11. habe ich nicht geschossen und auch keine Knarre weitergeben“, gab der zweite Hauptangeklagte, Andreas Eichler, eine etwa zehnminütige politische Erklärung ab. Eichler erklärt seine „Solidarität mit dem Widerstand gegen die Startbahn West“ und übte auch Kritik am Verhalten der Bewegung. Nach den Schüssen an der Startbahn habe sich gezeigt, wie vordergründig die Solidarität war: „Ich bin enttäuscht.“ Eichler, der auch auf seine Haftbedigungen im Hochsicherheitstrakt einging, versuchte überdies mit vorsichtigen Worten, zum Vorwurf des Verrats Stellung zu nehmen: „Erst am Ende des Prozesses wird feststehen, ob es überhaupt Verrat gibt.“ Sein Statement wurde im Zuschauerraum mit eisigem Schweigen quittiert.
Die 50jährige Angeklagte Ursula „Uschi“ James, die 1986 am Rande eines Anschlag auf einen Strommasten bei Offenthal -Dreieich schwer verletzt worden war, ging dagegen in ihrer mehrseitigen Erklärung vor allem auf ihre Motive zum Widerstand an der Startbahn ein. Sie schilderte - auch für die Vertreter der Bundesanwaltschaft und die Richter eindrücklich, wie sie, eine Hausfrau und Mutter, sich nach der Rodung „ihres“ Waldes für den Bau der A66 und nach Tschernobyl politisierte und erinnerte auch an die Polizeieinsätze in der Frankfurter Rohrbachstraße, wo knüppelnde Beamte Demonstraten regelrecht gejagt hätten. Die Gewaltakzeptanz bei den Startbahngegnern, so Ursula James, sei nicht zuletzt auch durch diese Einsätze der Polizei entstand. Sie sei seit jeher gegen Gewalt gegen Personen gewesen. Sie widerrief ihre Aussage vom 25.11.1987 bis auf ihr Geständnis zur eigenen Tatbeteiligung an Strommastenaktionen. Auch Eichlers Freundin, Ingrid Then, äußerte sich zu ihrer Motivation zum Widerstand. Tschernobyl, die Informationspolitik der UdSSR und der Bundesregierung und die Ignoranz von Innenminister Zimmermann sowie die bundesdeutsche Atompolitik hätten ihr ein tiefes Gefühl von Ohnmacht vermittelt. Sigrun Gabriel sowie die Mitangeklagten Kurth und Möller gaben keine politischen Erklärungen ab. Der Prozeß wird am 7.März fortgesetzt.
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