: „Besuchen Sie Südafrika!“
■ Zur Eröffnung der ITB: Kundgebung und Menschenkette gegen Apartheid / Momper verspricht, daß Südafrika zum letzten Mal vertreten sei
„Auf der nächsten ITB wird Südafrika jedenfalls nicht mehr durch das Rassistenregime Südafrika vertreten sein“, verspricht der künftige Regierende Berlins, Walter Momper den vor den Messehallen versammelten Apartheid-Gegnern. Der Kampf gegen das Rassistenregime müsse jedoch auch nach der Ausschließung Südafrikas von der ITB weitergehen. Ganz im Sprachduktus der AL fordert der SPD-Landesvorsitzende die ZuhörerInnen zu weiteren phantasievollen Aktionen auf. Samstag nachmittag, drei Uhr, vor dem Haupteingang zur Internationalen Tourismusbörse 1989. 1.500 Menschen haben sich eingefunden, um wie in den Jahren zuvor gegen die Beteilung Südafrikas an der ITB zu protestieren. Die Aktion hatte mit einer Menschenkette vom Messedamm bis zum Palais am Funkturm begonnen. Auch Momper und seine Frau hatten sich in die Kette eingereiht. Zu dem Protest vor dem Messegelände hatten verschiedenen Gruppen der Anti-Apartheid-Koalition aufgerufen. Die AL hatte bereits am Vortag erklärt, daß für ein rassistisches System in Berlin, erst recht nicht in einer rot-grünen Zusammenarbeit mit der SPD, geworben werden kann. „Nach den Wahlen gibt es im Berliner Abgeordnetetnhaus erstmals eine Mehrheit gegen die Beteiligung Südafrikas.“ Bislang wurde die Beteiligung Südafrikas mit der Begründung gerechtfertigt, Politik solle aus den Messehallen ferngehalten werden.
Während die Protestierenden draußen auf dem Hammarskjöld -Platz im Nieselregen frieren, ist es in den Messehallen fast zu warm. Tausende von BerlinerInnen drängen sich durch die 25 Messehallen, um Urlaubsprospekte, Aufkleber, Plastiktüten zu erhaschen. Die ITB gilt als weltgrößtes Treffen der Reisebranche. 3.000 Aussteller aus 152 Ländern sind vertreten.
„Besuchen Sie Südafrika - es ist großartig“, heißt es in Halle 9. Hier wirbt, fernab von den anderen afrikanischen Ländern, die zusammen in einem sogenannten „afrikanischen Dorf“ in Halle 20 ausstellen, unter anderem die South African Airways und das South African Tourism Board. Es herrscht business as usual - sieht man von den vor den Messenständen postierten Polizeibeamten ab. Über mehrere Bildschirme flackert die Audi-Visions-Show „IZA Uzobona Come and See“: bunte Bilder, Rockmusik, lachende schwarze und weiße Gesichter, eine blonde Touristin und ein schwarzer Medizinmann. „Traumurlaub in Südafrika? Warum eigentlich nicht?“ wirbt das South African Tourism Board: „Sie haben die Freiheit, überall hinzureisen. Denn wir Südafrikaner haben nichts zu verbergen und zeigen Ihnen alles.“ Das Stichwort „Apartheid“ sucht man in den bunten Hochglanz -Prospekten der südafrikanischen Tourismusunternehmen vegeblich. Statt dessen werden gemeinsam spielende schwarze und weiße Kinder gezeigt. Über ein Straßenfest heißt es: „Da freuen sich die schwarzen Kinder über den weißen Clown, und alle Rassen tanzen nur so durcheinander.“
„Weg mit dem Propagandastand der Rassisten auf der ITB“, wird derweil draußen gefordert. Auf ihren Plakaten zeigen die Apartheid-Gegner ganz andere Bilder aus Südafrika: Folter und Unterdrückung statt Sonne, Strandleben und Folklore.
guth
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