„Leicht florales Dekor“

■ Im der Residenz der Handelskammer, dem Haus Schütting, wurde eine historische Kaffeestube eröffnet/ Bremer Kaffeefirmen ausnahmsweise einmal nicht konkurrent

Sekt statt Kaffee gab es zur Eröffnung der Historischen Kaffeestube im Schütting. In seltener Einmütigkeit trugen alle vier großen Bremer Kaffeefirmen die Kosten der Restaurierungsarbeiten, die offensichtlich nicht auf historische Genauigkeit zielten. Denn der große ovale Mahagoni-Tisch in der Mitte war mit viel Phantasie noch als Nachbau eines alten Stückes anzusehen, ebenso wie die goldene Kaffeekanne mit den drei Hähnen. Aber der gute Wille scheiterte spätestens an der äußerst geschmackvollen schwarzen Ledergarnitur unter dem

Wandteppich im anderen Teil des Raumes.

Offensichtlich war den versammelten Kaufleuten sehr daran gelegen, dem neugeschaffenen Repräsentations-und Sitzungsraum einen historischen Hintergrund zu verschaffen, denn der Präses der Handelskammer wies in seiner Eröffnungsrede darauf hin, daß schon um 1700 im Souterrain des Schütting - und damit möglicherweise just im ausgebauten Raum - eine Kaffeestube gewesen sei. Dies gehe zweifelsfrei hervor aus dem Bericht eines Engländers namens Lediard, der sich ein wenig von den Strapazen seiner Reise erholen wollte und deswegen den „Coffee-Room“ im Schütting besuchte. Der war „voller Kaufleute und Advocaten, von denen sich mehrere auf sehr höfliche Weise ins Gespräch einzulassen suchten“. Leider scheiterte die Konversation, denn die Bremer Kaffeetrinker sprachen alle nur Plattdeutsch.

Weltgewandter dagegen die Versammlung der 19 blau-grauen Herren und der Dame in Schwarz, die der Präses in seiner Begrüßung überging. Die Anwesenheit der Frau fiel ihm allerdings auf, als er von „Frau Immerdurst“ erzählte, der kaffeesierenden Bürgersfrau vergangener Jahrhun

derte, und er fügte halb belustigt, halb wissend hinzu, daß es die Frauen der Honoratioren waren, die schon bald nach der Ankunft des ersten Rohkaffees der Sucht verfielen, weit eher jedenfalls als ihre geschäftlich ausgefüllten Ehemänner - was wohl zu manch häßlichem Disput in Bremer Bürgerstüben führte, zumal die „schwarze Lauge“ alles andere als unumstritten war. Sogar ein Lied machte Furore, in dessen Refrain es warnend hieß: Bist du denn ein Muselmann/ daß du es nicht lassen kannst?

Nett auch die Vorstellung der

Stücke, die das Jacobs-Su chard-Museum zur Verfügung gestellte hatte: die historischen Miniaturen, das Bremer Service mit dem floralen Motiv und für das diskrete Frühstück zu zweit aus dem Empire.

Zum Schluß dann ein bedenkenswerter Hinweis, nämlich, daß ein Kilo Rindfleisch im 17. Jahrhundert nur einen Groschen gekostet habe, eine „500 g Packung Kaffee“ dagegen 15 Groschen. Die Frage, ob vakuumverpackt oder nicht, blieb allerdings ungestellt. FW