Arbeits-Besetzungs-Maßnahme

■ Per Besetzung zum Bürgermeister: Alternative Projekte belegten eine Etage des Arbeitsressorts, um auf drohende ABM-Pleite hinzuweisen / Wedemeier als Arbeitssenator zeigte Verständnis

„Trau Dich, trau Dich, auch wenn's mal daneben geht“, singen die acht Kleinen aus einer selbstverwalteten Krabbelgruppe auf einer provisorischen Bühne vor dem Bürogebäude des Senators für Arbeit. Getraut hatten sich am Morgen um 6.00 Uhr rund 20 MitarbeiterInnen von selbstorganisierten Projekten. Sie waren hinter einem den frühen Arbeitsbeginn schätzenden Mitarbeiter der Behörde in das Gebäude spaziert, hatten die fünfte Etage besetzt und mit einer Kette gegen die eigentlichen Nutzer der Räume gesichert.

Einer der Ausgesperrten, der Arbeits-Senatsdirektor Schirmer, konnte Anlaß und Zeitpunkt der Aktion nicht so recht verstehen: „Wir haben mehr als jede andere Region getan, um die ABM-Ausfälle zu kompensieren“, meinte er und verwies darauf, daß Arbeitssenator Klaus Wedemeier zudem verkündet habe, daß die zur Kompensation der ausbliebenden ABM-Gelder eingesetzten Haushaltsmittel vor allem den freien Trägern zugute kommen.

„Freier Träger ist auch das DRK und die Hans-Wendt -Stiftung“, wurde ihm aus dem Kreis der mehr als 100 ABM -Gekürzten, die sich vor dem Haus versammelt hatten, entgegengehalten. Die 10,8 Millionen Mark für alle Träger seine viel zu wenig, um alle Stellen bei den selbstorganisierten Projekten aufrechtzuer

halten. Außerdem sei zu befürchten, daß eine restriktive Bewilligungspraxis des Arbeitsamtes die kleineren Projekte aushungere. So muß beispielsweise der Ver

bund Bremer Krabbelgruppen eine feste Stelle, eine sogenannte Stammkraft nachweisen, um AB-Maßnahmen bewilligt zu bekommen. Dies aber ist für die Krab

belgruppen nicht finanzierbar. Forderung des Projekte: Der Senat soll mit Landesmitteln eine Stammkraft je Projekt finanzieren, um diese ABM-fähig zu halten. Kostenpunkt: 20 Millionen Mark.

Der Arbeitssenator saß derweil in seinen Diensträumen im Rathaus und ließ seinen Senatsdirektor ausrichten, daß er erstens keinesfalls an den Ort des Geschehens kommen und zweitens ein Gespräch mit einer Delegation erst führen werde, wenn die Bestzung der Diensträume beendet sei. Nach stundenlangem Hin und Herräumten die BesetzerInnen zuerst auf und dann das Büro.

Darauf ließ sich Arbeitssenator Wedemeier eineinhalb Stunden Zeit für ein Gespräch mit acht ProjektsprecherInnen, ein Gespräch in „überraschend sachlicher Atmosphäre“, wie Senatssprecher Reinhold Ostendorf zu berichten wußte. Finanzielle Zusagen mochte Wedemeier nicht geben. Neben viel Verständnis

für die Sorgen und Nöte der Projekte hatte er eine, wenn auch alte Zusage bereit: Die ABM-Kürzungen sollten zu Lasten des öffentlichen Dienstes gehen, die kleineren Projekte dagegen Ersatz aus dem Landesetat bekommen. Bei der künftigen Diskussion über das zu schaffende Arbeits -Förderungs-Zentrum solle auch über die Forderung der Projekte nach Stammkräften geredet werden. So sei es denkbar, daß eine Stammkraft die Arbeit mehrerer Projekte koordiniere. Damit auch Arbeitsamts-Direktor Domino die sozialen Hintergründe der Projekte besser verstehen lernt, regte Wedemeier ein Gepräch zwischen Arbeitsressort, Arbeitsamt und Projekten an.

11 Stunden nach dem Beginn der Aktion war der Arbeits -Besetzungstag für die Projekte beendet. Und Nico Diemer vom Netzwerk nahm immerhin das Gefühl mit, „ein paar Millimeter weitergekommen“ zu sein.

hbk