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„Rauchlos“ verraucht

Der Markt hat Zigaretten-Neuheit abgelehnt  ■ Mit dem FLOP auf Du und Du

New York (dpa) - Verpufft sind die teuren Träume der R.J. Reynolds Tobacco Company, eine rauchlose Zigarettenmarke auf den Markt zu bringen. Die vor fünf Monaten mit großem Aufwand vorgestellte „Premier“ wurde in der vergangenen Woche endgültig aus dem Verkehr gezogen. Von einer Zigarette, die nicht qualmt, dabei süßlich schmeckt und auch noch stinkt, wollten die Kunden auf den Testmärkten der USA nichts wissen. Damit haben sich die hehren Ansprüche des Tabakriesen in Rauch aufgelöst.

Der technisch neuartige Glimmstengel sollte den Ängsten des Verbrauchers vor den schädigenden Nebenwirkungen des Rauchens Rechnung tragen, ohne den Süchtigen um den Nikotin -Genuß zu bringen. Im Unterschied zu den herkömmlichen tabakverbrennenden Zigaretten, die ganz verglühen, zieht der Raucher bei der „Premier“ mit Holzkohle angewärmte Luft durch eine Tabakschicht und nimmt dabei den Geschmack des Tabaks auf.

Ein harter Schlag gegen Reynolds kam auch von einflußreichen und organisierten Nikotin-Gegnern in den USA wie vom Ärzte-Verband American Medical Association AMA und der Krebsforschungsgesellschaft American Cancer Society. Die AMA hatte die Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde FDA aufgefordert, die „Premier“ als Droge einzustufen und ihrer Verkauf wegen angeblich gesundheitsschädigenden Folgen zu verbieten.

Verdampft sind 200 Millionen Dollar an Entwicklungskosten und weitere 125 Millionen Dollar, die Reynolds für die Lancierung der Zigarette auf den Testmärkten investiert hatte. Insgesamt wollte das Unternehmen eine Milliarde Dollar aufwenden, um die „Premier“ im ganzen Land bekannt zu machen.

Der neue Besitzer von RJR Nabisco, die Wall-Street-Firma Kohlberg Kravis Roberts Inc. (KKR), kamen zu dem Schluß, daß weitere Investitionen hinausgeschmissenes Geld wären. 1988 hatte KKR den Lebensmittel- und Zigarettenkonzern RJR Nabisco Inc., Atlanta, die Konzernmutter der R.J. Reynolds Tobacco Co., für knapp 25 Milliarden Dollar übernommen.

Trotz des Millionen-Flops mit der „Premier“ wollen die Zigarettenhersteller der Entwicklung technisch neuartiger Produkte nicht den Rücken kehren. Sowohl Reynolds wie auch andere Hersteller sind nach Angaben von Branchenkennern dabei, raucharme Zigaretten zu entwickeln. Ob die Raucher allerdings bereit sein werden, darauf zu verzichten, blaue Wölkchen durch elegant gespitzte Lippen zu blasen, wird sich zeigen. Einstweilen war das ganze Projekt - lediglich heiße Luft.

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