: Herren-Transfer 2000
■ Initiativkreis „Bremer und ihre Universität“ lud männliche „Persönlichkeiten“ mit bundesweiter Ausstrahlung zu nicht-öffentlicher Gesprächsrunde
Die Teilnehmerliste der zukunftsorientierten Männer konnte sich sehen lassen: Ein Vorstandsherr der „Deutschen Shell“ und einer des „Gerling„-Konzerns, dazu einer von „Unilever“ und noch einer von „Henkel“. Außerdem der Bonner „Bildungsminister“, der Ressortleiter vom „Handelsblatt“ und einheimische Männer wie Senator Franke und der Uni-Rektor. Alle 28 bildeten den „ausbalancierten Kreis hervorragender Persönlichkeiten“, der im November '88 das „1. Bremer Universitäts-Gespräch“ führen durfte. Ihre Wortwahl verriet,
daß sie alle in ihrer Jugend gerne Indianer gespielt bzw. Karl May gelesen hatten und auch Sportsendungen im Fernsehen nicht verschmähen.
Eingeladen gewesen waren vom „Initiativkreis 'Bremer und ihre Universität'“ sogar zwei Damen und ein Vertreter der Spezies „Student“, die alle drei jedoch leider, leider abgesagt hatten. So blieben die Herren mit der Uni -Pressesprecherin Carola Lampe unter sich - und sonderten Redebeiträge ab. Letztere sind jetzt in Buchform erhältlich.
Das Buch heißt nach dem Thema der Gesprächs-Runde: „Akademiker für das Jahr 2000“. Und unter einem „Akademiker 2000“ stellten sich die Herren ge
naugenommen zwei Exemplare vor. Einerseits den in Harvard zusatzqualifizierten „Häuptling“, auch „Spitzensportler“ genannt. Andererseits den gemeinen „Indianer“, ihnen auch als „Breitensportler“ bekannt. Die Wissenschaftler versuchten die Wirtschaftsmänner nun davon zu überzeugen, daß diese mehr „Indianer“ einzustellen hätten, um die Absolventenmassen aufzunehmen. Und um dem „Wertewandel“ unter den Absolventen Rechnung zu tragen, die mangels Karriereambitionen oft nur noch „Indianer„-Tätigkeiten anstrebten.
Der Bremer Professor Dirk Busch erklärte, hiesige Akademiker müßten Vorbehalte abbauen.
In Japan z.B. sei es völlig normal, daß ein Universitätsabgänger als Autoverkäufer arbeite. Busch hatte in der Herren-Runde als einziger die Frauenfrage thematisiert: Er warf den Unternehmen vor, sie übersähen, daß viele Akademiker-Ehefrauen „gleichberechtigte Erwartungen“ hegten und männliche Karrieren nicht mehr vorbehaltlos unterstützen. Dazu hatte einer der „hervorragenden“ Persönlichkeiten folgenden Vorfall erinnert: Ein Kandidat für einen Vorstandsposten hätte kurzfristig abgesagt, weil Frau und Kinder den Umzug nicht hatten mitmachen wollen. Tja, da deutet sie sich an, die Akademiker-Gattin 2000.
Barbara Debus
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