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Nicht genug für die eigene Sucht

■ Rauschgifthandel vor der Großenstrafkammer: Großdealer wurden immer kleiner / Heroindealer kümmerten sich hauptsächlich um ihren eigenen Badarf

Um Rauschgift ging es gestern vor der 1. Großen Strafkammer des Bremer Landgerichts - genauer um den „Import und Handel von Heroin und anderen Betäubungsmitteln in beträchtlichem Umfange“, so die Staatsanwaltschaft. Aber die fünf Angeklagten zwischen 22 und 26 Jahren, denen diese Straftaten vorgeworfen werden, sind weder rücksichtslose DealerInnen noch knallharte Geschäftsleute. Alle haben ihre eigenen Erfahrungen mit Rauschgift gemacht, drei von ihnen sind süchtig. Und so entpuppte sich das, was auf den ersten Blick wie Großkriminalität wirkt, gestern im Kern als Mittel zur Befriedigung der eigenen Sucht.

Und dies gestanden die Angeklagten gestern auch offen ein. Drei von ihnen waren in der Zeit von Oktober bis Dezember 1987 insgesamt fünfmal nach Amster

damm gefahren, hatten dort Heroin erworben und per Bahn nach Bremen geschmuggelt. Insgesamt soll es sich um eine Menge zwischen 40 und 80 Gramm gehandelt haben, daß war gestern nicht mehr ermittelbar. Bei der fünften Fahrt wurde ein Mitfahrer, der für den Kauf der „Ware“ verantwortlich war, von der Niederländischen Polizei erwischt. Er wurde in den Niederlanden verhaftet und angeklagt und saß deswegen gestern nicht im Gerichtssaal. Die anderen drei wurden abgeschoben.

Sie wurden dann zusammen mit den beiden weiteren Angeklagten Ende des letzten Jahres verhaftet. Der Vorwurf: Verkauf von Heroin in Bremen - zum Teil mit Tagesumsätzen bis zu 2.000 Mark, wie die Staatsanwaltschaft vermutete. Zwar konnten die genauen Mengen gestern nicht er

mittelt werden. Nach den gestrigen Aussagen geht aber nun auch die Staatsanwaltschaft davon aus, daß derartige Umsätze bei weitem nicht erreicht wurden. Und ein Geschäft war da auch nicht drin, so die Angeklagten übereinstimmend. Das Geld hätte zum Teil nicht einmal für die Befriedigung des eigenen Konsums gereicht.

Die Lebensläufe der Angeklagten sind „typische Suchtkarrieren“: Scheidung der Eltern, fehlende Zuneigung und keine sozialen Bindungen, Heimunterbringung, keine oder nur niedrige Schulabschlüsse, keine Berufsausbildung, Arbeitslosigkeit. In dieser Situation wird dann der Gebrauch von Rauschgift zum Verdrängungsmechanismus und gleichzeitig zum Mittel, um soziale Anerkennung zu erzielen. Das machten die Schilderungen der Angeklagten gestern sehr pla

stisch klar. Und noch etwas wurde sehr deutlich: Dieser Weg führt dann quasi automatisch zum Heroin und damit in aller Regel in die direkte Abhängigkeit mit ihren bekannten physischen und körperlichen Abhängigkeiten. Der gerichtliche Gutachter gestern:“ Das Leben dreht sich dann nur noch um die Beschaffung des Stoffs und ist auf diese Frage vollständig verengt.“ Er mochte dann zwar nicht von einer eingeschränkten Schuldfähigkeit sprechen, sah aber bei den drei betroffenen AngeklagtInnen eine deutliche „Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit“.

Das Urteil wird in der nächsten Woche erwartet. Den heftigen Kritiken, die die Angeklagten gegen das Vorgehen eines Bremer Schutzpolizisten erhoben, will Oberstaatsanwalt Hübner jetzt nachgehen. om

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