: Kein Geld, kein Chef
■ Endspurt bei Intendantenwahl des defizitären SFB
Der Endspurt um die Intendantenwahl für den SFB hat begonnen. Die Bewerberliste für den hochdotierten Posten ist jedoch so streng geheim, als ginge es um eine despektierliche Staatsaffäre. Trotz des Protestes des Rundfunkratsmitgliedes Christiane Ziesecke (AL), die auf der gestrigen Rundfunkratssitzung Einsicht in die Bewerbungsunterlagen forderte, beharrte die Vorsitzende der Findungskommission, Wiechatzek (CDU), auf Vertraulichkeit.
In ihrem Zwischenbericht über den Stand der Intendantensuche sprach Wiechatzek von insgesamt 121 Bewerbungen, davon neun Frauen. Sechs von ihnen wurden von der Kommission bereits angehört. Drei sagten jedoch ab, da sie „ihre berufliche Perspektive derzeit nicht in Berlin“ sehen. Wer die verbliebenen drei Kandidaten sind, wird man erst am 17.April erfahren können, wenn sie sich auf der Rundfunkratssitzung vorstellen werden. Unter der Hand werden jedoch bereits die Namen von Noch-Kultursenator Hassemer, vom Vorsitzenden des SFB-Programmausschusses Diether Huhn, für den es eine Mehrheit im Rundfunkrat geben soll, von Wiechatzek selber sowie vom Hauptgeschäftsführer der Berliner Arbeitgeberverbände, Hartmann Kleiner, gehandelt.
Einen „Top-Manager“ an die Spitze des Senders zu setzen, scheint bei der wirtschaftlichen Lage des SFB nicht unrealistisch zu sein. Schließlich hat der Sender mit einem erheblichen Defizit zu kämpfen. 32,9 Millionen Mark beträgt der Fehlbetrag allein 1989. Er stieg damit um 7,7 Millionen gegenüber 1088. Insgesamt wird das Minus-Kapital des SFB Ende 1989 96 Millionen betragen. Da auch für 1990 ein Defizit erwartet wird, wäre damit die Schallmauer von 100 Millionen überschritten. Der noch Amtierende Herrmann sagte dementsprechend gestern in seiner letzten Rede, daß er den SFB mit großer Sorge verlasse. Seine ansehnliche Pension und sein bevorstehender Urlaub ab kommender Woche werden diese Sorgenfalten jedoch sicherlich glätten.
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