: Stolperstein Hungerstreikerklärung
Stuttgarter Parlamentspräsident Schneider weist Kleine Anfrage wegen Pohl-Zitaten zurück Abgeordnete der Grünen lehnt den von Schneider angeratenen „Maulkorb“ kategorisch ab ■ Von Gerd Rosenkranz
Berlin (taz) - Der baden-württembergische Landtagspräsident Erich Schneider (CDU) sorgt sich um die strafrechtliche Unbedenklichkeit der in seinem Hause hergestellten Druckerzeugnisse. Um zu verhindern, daß die Erklärung von Helmut Pohl zum gegenwärtigen Hungerstreik der politischen Gefangenen ihren Niederschlag in einer „Drucksache“ des Stuttgarter Landtags findet, wies Schneider eine Kleine Anfrage der grünen Abgeordneten Rosemarie Glaser zurück. Die Abgeordnete hatte in der Begründung einer Anfrage zum Hungerstreik Passagen aus Pohls Erklärung zitiert. In einem Schreiben an die „Sehr geehrte Frau Kollegin“ erinnert Schneider daran, daß Generalbundesanwalt Rebmann nach Bekanntwerden des Hungerstreiks postwendend ein Ermittlungsverfahren nach Paragraph 129a Strafgesetzbuch eingeleitet habe. „Aus diesem Blickwinkel halte ich es für äußerst problematisch, wenn die Erklärung in der Landtagsdrucksache im Wortlaut wiedergegeben wird“, sorgt sich Parlamentspräsident Schneider scheinheilig. Die Abgeordnete möge von der Wiedergabe der Hungerstreikerklärung Abstand nehmen. Diesen Maulkorb lehnt die Abgeordnete kategorisch ab. Ironisch anwortete Frau Glaser, der Präsident fürchte zu unrecht, daß eine Volksvertreterin wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung einer „terroristischen Vereinigung“ in die Hände des Generalbundesanwalts fallen könnte. Schließlich gebe es auch gegen die taz, die die Pohl-Erklärung am 2.Februar im Wortlaut veröffentlicht hatte, kein Ermittlungsverfahren in dieser Sache. Drei weitere Anfragen der grünen Abgeordneten, in denen sie Aufklärung über die Haftbedingungen aller in Baden-Württemberg nach Paragraph 129a angeklagten oder verurteilten Gefangenen und über die medizinische Versorgung des kranken Gefangenen Günter Sonnenberg verlangt hatte, hat die Landesregierung inzwischen beantwortet. Allerdings erhielt Frau Glaser auf ihre drei Fragenkataloge lediglich eine „Sammelantwort“. Sie besteht jedoch auf „Einzelbeantwortung“. In einem Schreiben an die in Baden -Württemberg einsitzenden Gefangenen und ihre Anwälte hat die Abgeordnete außerdem ihre Bereitschaft erklärt, die Gefangenen in der Haft zu besuchen, falls dies gewünscht werde.
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