: Video: Samstag 21 Uhr im Cafe Grün:
■ Das digitale Loch
Die Medienwerkstatt und die Hochschule für angewandte Künste in Wien schickt dem Videoforum Blue Box im kalten Norden ein Päckchen mit zehn Beispielen angewandter Medientheorie. Und was darauf zu sehen ist? Zum Beispiel: „Die Rekonstruktion der Erinnerung an einen Sommer in der Stadt; außer drei Minuten Super 8 Film war da noch der Eindruck von Hitze, Verwirrung, Intensität. Alles ging so schnell ...“
So Ilse Gassingers Klappentext zur Verbreitung ihres dreiminütigen Videos. Und es geht wirklich alles rasend schnell. „Men„, nur vier Minuten, weist eine enorme Anzahl von Schnitten auf. Chris Althaler hat hier versucht, die Performance des Triester Claudio Misulin in Stimmung und Kraft adäquat ins elektronische Zeitalter zu transferieren. Seit Video seine massenhafte Verbreitung gefunden hat, gehört zu jeder künstlerischen Aktion mindestens ein Artist aus der elektronischen Branche, der das einmalige Ereignis für die Nachwelt dokumentiert. Daß da nicht nur der Sinn einer Performance, die ihrer Einmaligkeit wegen „erfunden“ wurde, verlorengeht, scheint niemanden sonderlich zu interessieren. Immerhin geht Chris Althaler so weit, gestalterisch in die Aktion einzuwirken, so daß ein eigenständiges Band entsteht. In „Evidenz des Kalküls“ sind die beiden Künstlerinnen Anna Steininger und Ilse Gassinger der Ästhetik des Werbefilms auf der Spur. Sie montieren verschiedenste Ausschnitte neu, und agieren mit derselben Ästhetik, deren „Schädlichkeit“ und Verwerflichkeit sie anprangern wollen.
Glücklicherweise gelingt es ihnen, sich davon zu lösen, indem sie das Ausgangsmaterial ins digital-elektronische Desaster verfremden. Fast allen Arbeiten dieser Auswahl der „Wiener Schule“ merkt man die Technikbegeisterung ihrer MacherInnen an. Rainer Ganahl geht schließlich soweit, daß er als Mitarbeiter seines Bandes den Computer erwähnt, auf welchem es bearbeitet wurde. Eigenartig bei dem neuen Medium ist, daß der Prozeß des Umgangs mit ihm scheinbar immer über Formalismen stattfindet. Alles will da immer moderner sein, ist knallbunt und grell wie in den 50er Jahren. Konstruktivistisches, Strukturelles taucht auf, künstlerische Richtungen, die schon jahrzehntelang Vergangenheit sind. Und hinter all den Dingen, die man sieht, scheinen große moderne Philosophen zu stehen Baudrillard, Derrida, Virillo. Leider lassen sie sich in den Arbeiten nicht erkennen. Die Koryphäen sind die Götzen, und deren Anwender entleeren Strukturen und Narrationen der neuen Kommunikation bis zur unverständlichen Sprachlosigkeit. Roland Maye
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