: Lila Hoffnung
■ Mompers Durchmarsch mit Rot-Grün
Die Wahl des neues Senats in Berlin, die so glatt über die Bühne ging wie keine in den letzten Jahren, war der konsequente vorläufige Endpunkt der Verhandlungsführung des Walter Momper. Dieser Mann, dem noch Ende Januar, Tage vor der Wahl, die ganze Stadt vorwarf, er wolle gar nicht an die Macht, nicht regieren, hat sich als geschickter, skrupelloser und machtbewußter Taktiker entpuppt. Rot-Grün war nicht Walter Mompers Wunschkonstellation. Er ist zu dieser Chance gezwungen worden, doch er hat sie ergriffen. Er hat zu verantworten, daß Rot-Grün die Sache der SPD wurde.
Die erste Runde gewann er gegen die CDU. Momper war es, der als Unschuldiger aus dem Scheitern der Verhandlungen um die große Koalition hervorging. Die eigene Parteibasis hat er nach zwei Seiten unter Kontrolle gebracht. Aus den euphorischen Rot-Grün-Schreihälsen hat er nachdenkliche Skeptiker gemacht. Die Rechten in der Partei konnte er davon überzeugen, daß er sich nicht von der AL über den Tisch ziehen läßt. Auch den Kampf auf der Straße hat Momper gewonnen. Wochenende für Wochenende ließ er sich den „Wortbruch“ um die Ohren hauen - bis keiner mehr davon redete. Die Schlammschlacht blieb aus. Und den Alternativen hat Momper so eingeheizt, daß die nur noch die Ohren anlegten und geradeaus marschierten. Mit dem sicher nicht unberechtigten Argument des Zeitdrucks regierte er bis in die AL-Gremien hinein.
Auch sein letzter Schachzug war risikoreich. Fünf SPD -Frauen in den Senat zu setzen - das hat die verärgerten Parteifrauen beruhigt, auf die Nominierung der drei AL -Kandidatinnen noch eins draufgesetzt und auch bewirkt, daß in der Öffentlichkeit jetzt mehr über den „Frauensenat“ geredet wird als über den „Risikofaktor“ Rot-Grün.
Doch Frauen, das sollte auch Momper wissen, sind unberechenbar. Sie werden über die Parteigrenzen hinweg ihr eigenes Stück inszenieren. Die Farbe der Hoffnung für die versprochene neue Politik könnte statt grün auch lila sein.
Brigitte Fehrle
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen