: Kleingruppe abgelehnt
Die AL-Abgeordnete Renate Künast sprach mit den RAF-Gefangenen Gabriele Rollnick und Angelika Goder ■ I N T E R V I E W
taz: Die Berliner Justizsenatorin Limbach (SPD) will mit ihren Kieler Kollegen über eine Zusammenlegung der in Berlin inhaftierten RAF-Frauen Goder und Rollnick mit den RAF -Gefangenen in Schleswig-Holstein verhandeln. Du hast Gabriele Rollnick und Angelika Goder am Samstag besucht. Wie stehen die beiden dazu?
Renate Künast: Die beiden Frauen haben uns mitgeteilt, daß sie diese Möglichkeit ablehnen würden. Was sie bräuchten, sei ein größerer Schritt, der eine Lösung, Veränderung der Haftbedingungen - menschenwürdige Haftbedingungen für alle Gefangenen - bedeute. Zusammenlegung in Kleingruppen wird abgelehnt, auch mit der Begründung, wie sie schon aus der Hungerstreikerklärung hervorgeht. Die Gefangenen wollen ihre politischen Inhalte überdenken, sie wollen an der gesamten politischen Diskussion teilnehmen, und das wollen sie miteinander tun. Um eine menschenwürdige Haftsituation zu bekommen, wollen sie in einer größeren Gruppe leben und nicht isoliert sein im kleinen.
Die Forderung wird von der AL laut Beschluß der Mitgliederversammlung von Anfang Februar unterstützt. Was will die AL jetzt in der Regierung zur Durchsetzung dieser Forderung tun?
Wir werden mit dem Beschluß weiter politisch arbeiten. Wir wollen den Gedanken der Zusammenlegung in die öffentliche Diskussion bringen und darüber mit der SPD hier in Berlin sprechen. Wir wollen die Diskussion anders als im Bundestag führen, wo gesagt wurde, es dürfe keinen Sonderstatus, keine Sonderrechte für diese Gefangenen geben. Ich meine, das muß losgelöst vom Hungerstreik diskutiert werden. Es gibt in den deutschen Gefängnissen Sonderrechte und Sonderstatus für alle möglichen Gefangenen, so etwas wie einen Normalvollzug gibt es nicht. Schon deshalb und weil die Gefangenen jahrelang der Isolationshaft unterlagen, muß man die Zusammenlegung in größeren Gruppen mit anderen sozialen Bedingungen diskutieren.
Die SPD mauert bei der Zusammenlegung. Wie wollt ihr da einen Gesinnungswandel herbeiführen?
Ein Gesinnungswandel kann wahrscheinlich nur herbeigeführt werden, indem wir diese Sachen intensiv mit der SPD diskutieren. Das darf nicht auf der naiven Bonner Ebene stehen bleiben, die in Erpressungskategorien denkt und dabei nicht sieht, daß Sonderhaftbedingungen im Vollzug an der Tagesordnung sind. Sprich: Differenzierungen, Bevorzugungen und Benachteiligungen. Nach teilweise bis zu 18 Jahren Isolationshaft muß ein Schlußstrich gezogen werden, müssen humane Haftbedingungen geschaffen werden. Das heißt für mich Bildung von großen Gruppen.
Glaubt ihr, auf Landesebene mit der SPD weiter zu kommen?
Wenn es im Moment eine Chance gibt, ein Stück weiterzukommen, kann es die in den nächsten Tagen nur in Berlin geben aufgrund der rot-grünen Koalition.
Konkret: Ist ein gemeinsamer Vorstoß von AL und SPD nach Bonn zu erwarten?
Als gemeinsamer Vorstoß ist er noch nicht konkret zu erwarten. Aber es wird in den nächsten Tagen eine Menge an Gesprächen und Versuchen geben, Problemlösungen zu finden.
Interview: Plutonia Plarre
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen