Die Wilde Wutz zieht um

■ Marchstraße 23 seit Montag besetzt / Die BesetzerInnen beklagen schleppende Verhandlungen / Projekt nicht nur für StudentInnen

Seit Montag abend 21 Uhr ist auch das leerstehende Haus Marchstraße 23 am Einsteinufer besetzt. Wie es gestern hieß, sollte auch dieses Haus gestern geräumt werden. Die Polizei bestätigte, daß eine Strafanzeige vorgelegen habe, die jedoch wieder zurückgezogen worden sei. Die BesetzerInnen erklärten, die Besetzung sei zufällig zeitgleich mit den anderen Besetzungen in Kreuzberg erfolgt, es hätte keine Absprachen gegeben. Sie hätten sich zu der Besetzung entschlossen, weil sich in den letzten dreieinhalb Wochen nichts getan habe: „Die kommen nicht in die Pötte.“ Geplante Gespräche mit dem Eigentümer der Häuser, der Henning-von -Harlessem GmbH, der Technischen Universität und den Parteien seien bis nach Ostern verschoben worden. Seit dem 23. Februar hatten die BesetzerInnen, die sich unter dem Namen „Wilde Wutz“ zusammengeschlossen haben, das unbebaute Grundstück zwischen den Häusern Marchstraße 23 und Einsteinufer 41 belagert, um den Abriß der Häuser zu verhindern. Auf dem Gelände sollte ein Neubau für ein Großrechenzentrum gebaut werden.

Die BesetzerInnen haben inzwischen zusammen mit anderen Initiativen, ArchitekturstudentInnen und den Projektwerkstätten der TU ein ausführliches Nutzungskonzept für Häuser und Grundstücke entwickelt. Im Koalitionspapier von AL und SPD taucht die Marchstraße als Beispiel für ein von Studenten organisiertes Projekt auf, das gefördert werden soll. „Es geht aber nicht um studentische Freizeitgestaltung“, stellt ein Vertreter der Wilden Wutz klar. Die BesetzerInnen seien nicht nur StudentInnen, sondern SchülerInnen, Arbeitslose, Azubis und andere. „Wir wollen gemeinsam wohnen und arbeiten.“ Geplant sei deshalb kein reines Studentenprojekt, sondern ein „Mischprojekt“.

Keine Probleme in dieser Hinsicht sieht der Sprecher der neuen Wissenschaftssenatorin Riedmüller-Seel, Dieter Wortmann. Gefördert werden sollten natürlich in erster Linie studentische Aktivitäten, aber man wolle das „nicht zu eng fassen“. Andere Gruppen werde man nicht vor die Tür setzen. Die Marchstraße sei eines der ersten Projekte, mit denen sich die neue Senatorin beschäftigen werde.

Als „politisch unklug“ bezeichnete der Charlottenburger SPD -Abgeordnete Friedrich Scharck, der sich als Vermittler eingeschaltet hat, die Besetzung. „Jetzt werdet ihr mit den anderen in einen Topf geworfen.“ „Wir haben doch alle keine Wohnung“, argumentieren dagegen die BesetzerInnen. Die Wohnungen in dem Haus, für das der noch-amtierende Charlottenburger Baustadtrat Jürgen Laschinski am 27.2. eine Abbruchgenehmigung erteilt hatte, sind laut Aussagen der BesetzerInnen noch gut erhalten. „Nur die Badeöfen waren alle aufgeschnitten“, so ein Besetzer. Die letzten Mieter hatte der Hauseigentümer Ende Februar kurzfristig in eine Pension bringen lassen.

-guth