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Achtzehn Tote bei Revolte im Kosovo

■ Mindestens 18 Tote bei Auseinandersetzungen zwischen Albanern und Polizei und Militär in der jugoslawischen Provinz Kosovo Schwerste Auseinandersetzungen seit 1981 wegen Einschränkung der Autonomie Kosovos / Polizei feuerte auf Demonstranten

Berlin (taz) - Bei den schwersten Unruhen seit 1981 sind in der serbischen Provinz Kosovo gestern und vorgestern mindestens 18 Menschen ums Leben gekommen. Damit haben sich die Befürchtungen bestätigt, daß der am Donnerstag gefaßte Parlamentsbeschluß zur Einschränkung der Autonomie Kosovos eine drastische Verschärfung der ethnischen Konflikte zwischen Albanern und Serben provozieren würde.

Die Mehrzahl der getöteten Demonstranten kam in der Stadt Zur ums Leben, als die Polizei das Feuer auf eine ca. 500 Menschen umfassende Menge eröffnete. Über die Zahl der zum Teil schwer Verletzten gab es bis Redaktionsschluß keine gesicherten Angaben. Bereits am Montag waren zwei Polizisten bei Auseinandersetzungen in den Städten Podujevo und Titova Mitrovica erschossen worden. Die tödlichen Schüsse seien aus einer steinewerfenden Menge abgegeben worden, hieß es bei der jugoslawischen Nachrichtenagentur 'Tanjug‘. In Obilic nahe Pristina besetzten am Dienstag mehrere hundert streikende Arbeiter den Kontrollraum des örtlichen Elektrizitätswerks und drohten die Stromversorgung der gesamten Provinz lahmzulegen.

Mit umfangreichen Maßnahmen reagierte das Innenministerium im Kosovo auf die zugespitzten Auseinandersetzungen, bei denen in den letzten fünf Tagen Zehntausende von Albanern in mindestens sieben Städten für die Verteidigung ihrer Autonomierechte auf die Straßen gingen. Für die gesamte Provinz wurde ein Versammlungsverbot vehängt, das für alle Gruppen von mehr als drei Personen gilt. Sämtliche sportlichen und kulturellen Veranstaltungen bleiben bis auf weiteres untersagt. Alle Schulen sind geschlossen. Eine nächtliche Ausgangssperre gilt von 20 Uhr bis fünf Uhr morgens. Sowohl gegen Demonstranten als auch gegen Arbeiter, die trotz Zwangsverpflichtung streiken, werden seit Donnerstag in Schnellverfahren Haftstrafen bis zu 60 Tagen verhängt. Davon sind bislang bereits weit über hundert Albaner betroffen.

Augenzeugen zufolge wurde in der gesamten Region die Militärpräsenz drastisch erhöht. Bei den Osterauseinandersetzungen sollen nicht nur Schußwaffen, Tränengas und Wasserwerfer, sondern auch Hubschrauber und Panzer zum Einsatz gekommen sein. Die jugoslawische Nachrichtenagentur 'Tanjug‘ sprach in einer Meldung von „zerstörerischen und aggressiven“ Ausschreitungen und verwies auf Drohungen von in der BRD lebenden „albanischen Nationalisten“, die für die Zukunft „weniger friedliche und demokratische“ Widerstandsformen angekündigt hätten.

Der Konflikt zwischen Serbien im Süden und dem entwickelteren Norden Jugoslawiens, der einem Machtzuwachs Serbiens äußerst skeptisch gegenübersteht, wird durch die jüngsten Ereignisse weiter angeheizt. Am Wochenende zirkulierte in Slowenien ein Appell an die Menschenrechtsorganisation amnesty international, in dem gegen die Verhaftungen im Kosovo protestiert wird. Insgesamt muß nach der Entwicklung der letzten Tage mit einer weiteren Eskalation gerechnet werden. Bereits 1981 waren bei gewalttätigen Auseinandersetzungen in der autonomen Provinz Kosovo neun Menschen ums Leben gekommen.

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