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Südafrika: Die Fronten geraten in Bewegung

Kommt es zu einem Kompromiß zwischen Apartheidregime und „African National Congress“? / Der ANC gerät unter den Druck der Sowjetunion, während sich Südafrika in Schalmeienklängen übt / Ermöglicht die Ablösung P.W.Bothas eine Verfassungsreform?  ■  Von Michael Fischer

Berlin (taz) - Eine ungewöhnliche Koalition scheint Bewegung in das seit Jahrzehnten festgefahrene Verhältnis zwischen dem Apartheidregime und dem exilierten African National Congress (ANC) zu bringen: Wenn sich der Kremlchef nächste Woche mit der Eisernen Lady trifft, wird auch die Situation im südlichen Afrika zur Sprache kommen. Im Mittelpunkt dürfte ein Kompromiß stehen, der in den letzten Wochen bei einer Reihe von Treffen sowjetischer und britischer Südafrika-Experten mit südafrikanischen Vertretern entwickelt wurde.

Die Zauberformel, die Margaret Thatcher gerade auf ihrer Tour durch Afrika antestet, könnte folgendermaßen lauten: Falls der ANC sich dazu verpflichtet, während der angestrebten Verhandlungen den bewaffneten Kampf zu suspendieren, wird das Apartheidregime ANC-Führer Mandela freilassen und seine Vorbedingungen für Verhandlungen mit dem ANC fallenlassen. Bisher hatte das Apartheidregime als Voraussetzung für Verhandlungen und die Freilassung Mandelas gefordert, der ANC und sein Führer müßten erst der Gewalt abschwören.

Wie erfolgreich die britisch-sowjetische Initiative sein wird, hängt neben vielen anderen Unwägbarkeiten vor allem auch davon ab, ob der ANC bereit ist, seinerseits Vorbedingungen fallenzulassen. Dazu gehören die Forderungen nach Freilassung aller politischen Gefangenen, der Aufhebung des Ausnahmezustands und der Aufhebung des Verbots politischer Organisationen. Unter Druck gesetzt wurde der ANC in den letzten Wochen vor allem von der Sowjetunion, der Hauptstütze des ANC.

„Es gibt keine wirkliche Alternative zu einer friedlichen Lösung“, erklärte der stellvertretende Abteilungsleiter für Afrika im Außenministerium. Deshalb werde die Sowjetunion zwar den ANC weiter unterstützen, ergänzte sein Chef, Juri Jukalow. Sie ziehe aber eine politische Lösung einer militärischen vor. Während eines Treffens sowjetischer, britischer und südafrikanischer Wissenschaftler und Geschäftsleute in Surrey bei London Anfang März skizzierte der Direktor des Afrika-Instituts der sowjetischen Akademie der Wissenschaften, Anatoly Gromyko, den sowjetischen Lösungsvorschlag: eine Konferenz, die alle Parteien, darunter auch Apartheid-Kollaborateure wie Inkatha-Chef Buthelezi, an einem Tisch versammle, um stufenweise einen politischen Kompromiß auszuhandeln.

Nimmt Südafrika diese Vorschläge ernst? Immerhin soll Außenminister „Pik“ Botha während der letzten Wochen bereits dreimal mit dem stellvertretenden sowjetischen Außenminister Adamischin zusammengetroffen sein, das letzte Mal in Mosambik. Nach einem Gespräch mit Thatcher vor zwei Wochen erklärte „Pik“ Botha außerdem: „Die Periode der Gewalt ist zu Ende.“ Südafrika stünde an der Schwelle zu einer „neuen Ära“. Damit bezog er sich auf die Auseinandersetzungen innerhalb der regierenden Nationalen Partei Südafrikas um einen Führungswechsel im Herbst. P.W.Botha soll als Präsident von Willem de Klerk abgelöst werden.

Die Palastrevolte gegen Apartheidchef P.W.Botha birgt nach Meinung der liberalen, weißen Oppositionspartei PFP sogar die Möglichkeit für eine grundlegende Verfassungsänderung in sich. PFP-Verfassungsexperte Nic Oliver hält es für möglich, daß im Rahmen einer solchen Verfassungsreform Schwarze das Amt des Staatspräsidenten und Posten in einem multirassischen Kabinett übernehmen könnten. Gleichzeitig würde die Macht des (weißen) Regierungschefs durch eine Aufwertung des Kabinetts beschränkt. Daß dies nicht nur oppositionelle Träume sind, bestätigte Informationsminister Stoffel van Merve Mitte März: „Bei den Überlegungen, wie die Regierung dieses Landes aussehen soll, müssen neue Wege eingeschlagen werden. Die politische Macht muß so verteilt werden, daß die Hautfarbe des Bewerbers für das Amt des Präsidenten keinen Unterschied mehr macht“. Unterstützung erhielt Merve selbst von dem neuen Parteivorsitzenden de Klerk. Seiner Meinung nach soll die Diskussion über die Verfassungsreform an Verhandlungen über eine Machtbeteiligung der schwarzen Bevölkerungsmehrheit und der ethnischen Minoritäten gekoppelt werden.

Aziz Pahad, Mitglied im Exekutivrat des ANC, betonte dazu nach Gesprächen in Moskau, der ANC habe Verhandlungen mit dem Apartheidregime nie abgelehnt. Allerdings seien allein im letzten Jahr 32 politische Organisationen verboten worden. „Der ANC ist dem bewaffneten Kampf nicht verfallen, aber welche andere Möglichkeit gibt es, das Regime an den Verhandlungstisch zu zwingen?“ Zumal die Apartheid-Strategen soeben die Budgets für Rüstung und innere Sicherheit enorm vergrößert haben. Dennoch: Auch der ANC-Stratege und Chef der kommunistischen Partei Südafrikas, Joe Slovo, befürwortet eine Verhandlungslösung, damit das Land nicht im Bürgerkrieg verwüstet wird.

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