: Glatteis-Tips für Afrika
■ Deutsche Fernsehkost weltweit auf Sendung
Was Denver und Dallas für amerikanische Medienhändler, sind Derrick und Terra X fürs ZDF nämlich mediale Exportschlager der besonders lukrativen Art. In 14 Länder konnten die Mainzer ihre Naturrätsel-Terra X-Serie bislang losschlagen, die bundesdeutschen Altherrenkrimis wie Derrick, Der Alte, Solo und Ein Fall für Zwei flimmern längst weltweit über die Mattscheiben. Von der Schwarzwaldklinik ganz zu schweigen, die sogar in den USA und England TV-Einkäufer fand. „Der Trend geht ganz klar zur Serie“, weiß ZDF -Verkäufer Rolf Dubral, der zusammen mit fünf Kollegen die Medienprodukte aus Mainz auf den internationalen Fernsehmessen von Cannes und Monte Carlo feilbietet. Österreich und die Schweiz ordern, sprachbedingt, den Großteil bundesdeutscher Fernsehkost.
Wenngleich spezielle Statistiken darüber nicht vorliegen, schätzt man die jährlichen Exporteinnahmen beim ZDF auf immerhin gut 30 Millionen Mark. Dabei werden devisenschwachen TV-Importeuren aus Ostblock- und Entwicklungsländern meist großzügige Rabatte eingeräumt; bis hin zum Unkostenpreis, zu dem der ARD-Exporteur „Transtel“ manches aus seinen Lagerbeständen, wie Dokumentarfilme oder Konzertaufzeichnungen, abgibt. Der „Kulturauftrag“ hat dann Priorität vor den Bilanzen, die Sendungsmission reicht bis zum oft exportierten 7.Sinn, der regelmäßig auf den Mattscheiben afrikanischer Länder über die Gefahren winterlicher Straßenverhältnisse aufklärt. Neben „Transtel“ hat die ARD freilich auch gewinnorientierte Vertriebswege.
Beim WDR sorgt eine eigene Abteilung für den internationalen Verkauf. Schimanski-Tatort, Janosch und natürlich Heimat sind die ganz großen Exportschlager aus Köln - wobei Heimat bislang bereits in 23 Ländern zu sehen war. Generell, so die WDR-Händler, sei „international gefragt, was teuer in der Herstellung ist“. Serien also und Krimis, während Fernsehspiele allgemein eher als Ladenhüter auf dem Medienmarkt gelten. Im Unterschied zum großen, produktionsstarken WDR verkaufen die anderen ARD-Anstalten ihre Werke meist nicht direkt, sondern über die Werbefernsehtochter „Tele-Pool“, über „Studio Hamburg“ oder die Münchner „Bavaria-Studios“. Dort gehen bis heute noch Aufträge für Das Boot ein, Finnland und Portugal haben Wolfgang Petersens erfolgreiche U-Boot-Story gerade gekauft. Zu den weiteren Verkaufsschlagern der Bavaria gehören Der Fahnder, der Computerkrimi-Dreiteiler Bastard sowie die Serie Reporter. Gerade die letzten beiden Produktionen stießen auf großes Interesse bei der letzten Fernsehverkaufsmesse, die ARD und ZDF jährlich gemeinsam im Dezember veranstalten.
Auch private Kaufleute mischen beim lukrativen Lizenzengeschäft auf dem expandierenden Fernsehmarkt natürlich längst mit. Allen voran Deutschlands Medienmogul Leo Kirch, dessen Firma „Beta“ den Franzosen die gute alte Sissi und dem italienischen Fernsehen sogar Hans Moser überaus erfolgreich verkaufen konnte. Jüngstes Beispiel international erfolgreicher deutscher TV-Produktionen ist Oh Gott, Herr Pfarrer. Dessen Einschaltquoten und Medienresonanz war derart groß, daß die internationalen Programmimporteure von sich aus aktiv wurden, und ganz ohne Zwischenhändler und Fachmessen direkt beim Süddeutschen Rundfunk anklopften.
Dieter Oßwald
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