Der Berliner Senat gibt sich hart

■ Vermittlung im Streit um das besetzte ehemalige Arbeitsschutzmuseum in Berlin erfolglos / „Senat stellt inakzeptable Vorbedingungen“ / In zwei Tagen verliert der Senat das Hausrecht - dann hat Bonn das Wort

Berlin (ap/taz) - Zwei Tage vor der Übergabe der besetzten Fabrik in der Fraunhoferstraße in Berlin-Charlottenburg hat es gestern in den Gesprächen zwischen Senat und Vermittlerinnen laut geknallt. Die BesetzerInnen weigern sich weiterhin, das vor zwei Wochen besetzte ehemalige Arbeitsschutzmuseum freiwillig zu verlassen. Empört sind die BesetzerInnen, weil der Senat dies zur „Vorbedingung“ für weitere Verhandlungen erhoben habe. Dies sei „inakzeptabel“, heißt es in einer Erklärung der Vermittlerinnen Felicitas Selig und Undine Weyers. Die Rechtsanwältinnen kritisieren, vom Senat werde „Verhandlungsbereitschaft behauptet, in konkreto jedoch wird die Maximalforderung als Vorbedingung für Verhandlungen überhaupt diktiert“. Die BesetzerInnen, die in der Fabrik ein „Revolutionäres Zentrum“ aufbauen wollen, sind dennoch weiterhin „verhandlungsbereit“.

Der Senat reagierte gestern enttäuscht. Senatssprecher Kolhoff sah bei den Besetzern wenig Kompromißbereitschaft; das erschwere eine friedliche Lösung. Er appellierte an die BesetzerInnen, ihre „unnachgiebige“ Haltung aufzugeben. Gestern abend war ein weiteres Gespräch zwischen Vermittlerinnen, Senat und AL angesetzt. Unklar blieb, ob die Verhandlungsführer des Senats die umstrittene Vorbedingung tatsächlich gestellt hatten. Der AL-Abgeordnete Haberkorn wollte die Darstellung der Rechtsanwältinnen gestern nicht bestätigen. „Den Begriff Vorbedingung“ habe er nicht verwendet. Klaus Groth, Staatssekretär der AL -Umweltsenatorin Schreyer, hatte jedoch öffentlich erklärt, für ein Ausweichquartier werde sich der Senat nur einsetzen, wenn die BesetzerInnen freiwillig räumten. Felicitas Selig blieb gestern bei ihrer Darstellung. In dem am Dienstag abend mit Haberkorn und Groth geführten Gespräch habe sie „extra nachgefragt“.

Zusätzlich erschwert werden die Verhandlungen durch Gerüchte, der Senat plane eine Räumung noch vor Samstag, falls die Gespräche scheiterten. Öffentlich bleibt die Stadtregierung bei dem Ziel einer „friedlichen Lösung“. Der Senat verweist jedoch darauf, daß er am Samstag seine Handlungsmöglichkeiten verliert. Dann geht das Hausrecht in der besetzten Fabrik wieder an die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) über. Die Bundesanstalt kann über einen Strafantrag eine polizeiliche Räumung der Fabrik erzwingen; sie läßt sich in ihrem Vorgehen von Bonn beraten. Die Chance, in Berlin reinzuregieren, werde sich die Bundesregierung kaum nehmen lassen, hört man inoffiziell aus dem Berliner Senat.

hmt