: Geißler: Friedensnobelpreis für Nato
Zum 40jährigen Bestehen des Nordatlantikpaktes will der CDU-General den Militärpakt auszeichnen lassen ■ Von Michael Fischer
Berlin (taz) - Den „kalten Krieg“ haben die Nato-Krieger gewonnen, mag sich Heiner Geißler gedacht haben, weshalb ihnen dann nicht gleich den Friedensnobelpreis verleihen. Wie jedoch ein solches Vorhaben dem Nato-geschädigten Volk verkaufen? Für den CDU-Generalsekretär und PR-Stratege kam da der 40.Geburtstag des Nordatlantischen Rüstungsbündnisses gerade gelegen. Rechtzeitig zu den heutigen Geburtstagsfeiern schlug er im Namen der CDU die Nato für den Friedensnobelpreis vor. Begründung: „Daß trotz der politischen Situation auf dem europäischen Kontinent kein Krieg ausgebrochen sei, sei nicht das Ergebnis pazifistischer Konzepte, sondern die Folge des friedensstiftenden Charakters einer auf Abschreckung und Verteidigung angelegten Sicherheits- und Verteidigungspolitik des freien Westens.“
Doch auch CDU-Vordenker Geißler weiß, daß mit solch pathetischen Worten die Krise des Rüstungsbündnisses nicht mehr lange zu überdecken ist. Deshalb stellte er eine „Atlantische Charta - Nato 2000“ vor, die u.a. vorsieht, daß die Bundesrepublik auf entsprechenden Wunsch hin Bundeswehreinheiten auch außerhalb des Nato-Gebietes im Rahmen von UNO-Friedenstruppen sowie im internationalen Umwelt- und Katastrophenschutz einsetzt.
Daß die Nato als schnöder Umweltverein enden würde, hätten sich ihre Gründerväter nicht träumen lassen, als sie am 4.April 1949 in Washington den Nordatlantik-Vertrag unterzeichneten. Wie schon die vier Musketiere versprachen sich die Regierungen der USA, Kanadas, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens, Hollands, Belgiens, Luxemburgs, Portugals, Dänemarks, Norwegens und Islands einander, im Falle eines Angriffs füreinander einzustehen. Der Kreml reagierte sechs Jahre später mit der Gründung des Warschauer Pakts (14.5.1955). Die Gründung der Nato war Teil der wenige Jahre zuvor entwickelten US-Strategie der Eindämmung des Kommunismus. Daß die Strategie erfolgreich war, zeigte das Anwachsen der Nato: 1952 traten die Türkei und Griechenland bei, am 9.Mai 1955 die Bundesrepublik und am 30. Mai 1982 Spanien. Im Zuge der Neuorientierung der Nato auf die Strategie der „Flexible Response“ setzte sich De Gaulles Frankreich 1967 von der Nato ab. Er wollte die Bevormundung seiner Force de Frappe durch die USA nicht länger hinnehmen.
Trotz großen Wehgeschreis ging die Nato an diesem Schritt nicht zugrunde. Anders als in der BRD, wo ein Austritt aus der Nato noch immer als Sakrileg behandelt wird, wurde De Gaulles Entscheidung in Frankreich als heroische Tat gefeiert. Inzwischen hat sich das Rüstungsestablishment in Paris seinen Kollegen in der Nato wieder angenähert. Enge Zusammenarbeit findet vor allem zwischen Frankreich, Großbritannien und der Bundesrepublik statt. Auch in der Frage, wie es denn mit dem Rüstungsbündnis weitergehen soll, nachdem Gorbatschow ihnen das Feindbild geraubt hat.
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