Vorsicht, Blattschuß

■ Für Stadtblätter gesucht: Mehr Ideen statt Kapital

Neid, Häme, Intrigen - das ist der Stoff, aus dem das Leben Bestseller-Stories schreibt. In Bremen beginnen jetzt die Dreharbeiten zu einem „Märchen vom bösen Prinzen.“ Ob's ein Hit wird oder ein Flop - das weiß jetzt noch keiner. Aber die oben genannten Zutaten spielen mit Sicherheit nicht nur Nebenrollen in diesem bühnenreifen Medien-Clinch. Aller Voraussicht nach können die BremerInnen in bälde diese Probe aufs Exempel machen. Das altehrwürdige Bremer Blatt - nach mancherlei Metamorphosen in einem guten Jahrzehnt zu einem kleinen mittelständischen Unternehmen herangereift - wird frontal von einem Hamburger Großverlag angegriffen. Der startet jetzt bundesweit das Unternehmen „Prinz“ - lokale Stadtillustrierte werden aufgekauft oder einem gnadenlosen Konkurrenzkampf unterzogen. Das BREMER BLATT ließ sich bisher vom Prinzen aus fernen Landen nicht küssen; dem Vernehmen nach war das Sträuben aber eher unfreiwillig. So mancher BLATTmacher hätte sich dem jungen Adeligen und seiner fetten Mitgift mit wonnigem Vergnügen hingegeben. Bis auf eine kleine Fraktion, die immer noch die Fahne der „Unabhängigkeit“ hochhält. „Wehret dem Zeitgeist!“ steht darauf geschrieben.

Kurioserweise wäre aber gerade die vom „Prinzen“ andernorts schon praktizierte modische Zeitgeist-Zeitschriften-Linie nur eine konsequente Lösung für das Bremer Blatt: von einem „alternativen Magazin mit Anspruch“ hat es sich ja längst zu einem bunten Magazin für jeden Geschmack entwickelt; es fehlte eigentlich nur noch die Farbe.

Denn inhaltlich klemmt das BREMER BLATT meist zwischen Baum und Borke. Ja, wenn es wirklich guten Lokaljournalismus aufwiese. Wenn es mutiger wäre. Wenn es statt der neuesten Verrenkungen von Plattenstar Madonna oder Modezar Jean-Paul Gaultier (Kann man besser woanders lesen) ein wirklich unverwechselbares Profil hätte! Dann würde ich diesem Blatt eine Träne hinterherweinen, würde gegen brutalen Konkurrenzkampf und die klebrigen Küsse eines außer Rand und Band geratenen expansionslüsternen „Prinzen“ polemisieren. So aber gilt: Wenn zwei sich streiten...

Aber vielleicht erkennt der eine oder andere BLATTmacher angesichts eines drohenden Blattschusses ja, daß in diesem Powerplay a la „Prinz“ auch eine Chance steckt zur redaktionellen Rückbesinnung. Thomas Grziw

Herausgeber der Stadtillustrier ten STIMMUNG bis zum Konkur