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Bundesregierung wird echt ätzend

Kabinett will Chemiekaliengesetz verschärfen: „Schritt zu neuer Sicherheitskultur in der Industriegesellschaft“ / Grüne sprechen von Legalisierung „illegaler Praxis“ / Auch die Industrie protestiert  ■  Aus Bonn Gerd Nowakowski

Die Bundesregierung will das Chemiekaliengesetz verschärfen. Umweltminister Töpfer betonte, mit der Neufassung sollten „Risiken, die mit der industriellen Produktion verbunden sind, vorsorgend ermittelt und konsequent abgebaut werden“. Das seit 1980 bestehende Gesetz habe insbesondere bei Unfällen mit Chemikalien „Schwächen“ aufgezeigt. Töpfer verwies auf die Rheinverseuchung durch den Chemiekalienbrand bei Sandoz. Ziel sei auch mehr Informationen für Verbraucher und staatliche Stellen sowie verstärkte Eingriffsmöglichkeiten.

Gesetzlich geregelt wird die Überprüfung und Bewertung aller bislang nicht anmeldepflichtigen Altstoffe, von denen jährlich mehr als 10 Tonnen produziert werden. Sämtliche neuen Stoffe müssen angemeldet werden; auch die nur innerbetrieblich verwendeten Zwischenprodukte der chemischen Fertigung sowie Stoffe, die nur in Länder außerhalb der Europäischen Gemeinschaft exportiert werden. Über solche bislang nicht anmeldepflichtigen Stoffe müssen die Unternehmen nun Datensätze bereitstellen, insbesondere im Hinblick auf gesundheitsschädigende Auswirkungen auf die Beschäftigten. Hersteller haben künftig eine Informationspflicht über die Zusammensetzung von Produkten. Erzeugnisse werden kennzeichnungspflichtig, die bestimmte gefährliche Stoffe enthalten oder freisetzen. Damit soll auch Orientierungshilfe gegeben werden; zum Beispiel beim Ozonkiller FCKW in Spraydosen.

„Unbestreitbare Einzelverbesserungen“ anerkennen die Grünen. „Wesentliche Probleme des Giftrechts“ aber würden nicht aus der Welt geschafft, weil es auch weiterhin beim Dschungel von 260 Einzelverordnungen bleibe. Das Chemikaliengesetz „legalisiert eine Giftflut unbekannten Ausmaßes“, weil das europäische Altstoffverzeichnis EINECS rechtsverbindlich werde. Damit werde die Zahl der Altstoffe, die ohne Prüfung vermarktet werden können, von 35.000 auf über 100.000 erweitert. Töpfer erklärte, es würden jährlich 10 Millionen Mark für die Überprüfung von Altstoffen eingesetzt. So könnten jährlich 100 Stoffe untersucht werden.

Auch der Verband der Chemischen Industrie kritisiert den Gesetzentwurf. Die Bundesregierung greife einem EG-Entwurf vor, der dann wieder nationale Anpassungen nötig mache, und bürde der Industrie zusätzliche Lasten auf.

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