„Ein Angebot müßte alle Gefangenen umfassen“

Rainer Koch, Anwalt von Karl-Heinz Dellwo, über die Haltung der Hungerstreikenden zum Vorstoß der SPD-Länder  ■ I N T E R V I E W

taz: Sie waren wie ihre Kollegen am Montag bei den Gefangenen, um mit ihnen über den Vorschlag der SPD -regierten Länder zu beraten. Was sagen die Gefangenen zur SPD-Initiative?

Rainer Koch: Man muß erst einmal klarstellen, daß bis heute kein offizielles Angebot an uns als Vertreter der Gefangenen herangetragen wurde. Wir haben nur die gleichen Informationen wie die Medien. Keiner der Justizminister ist bis jetzt an uns herangetreten, um mit uns zu sprechen. Es wurden lediglich einigen Gefangenen in Nordrhein-Westfalen und in Lübeck verschiedene, auch in sich widersprüchliche Nachrichten im Auftrag des Justizministeriums übermittelt. Christa Eckes in Fröndenberg wurde erklärt, das Angebot sehe zwei Gruppen vor, eine in Nordrhein-Westfalen und eine in Berlin, und daß diese Lösung nur neun Gefangene umfassen würde. Den Gefangenen in Lübeck wurde dagegen nur eine Presseerklärung des Düsseldorfer Justizministeriums verlesen. Darin wurde mitgeteilt, daß die SPD-regierten Länder drei Gruppen bilden wollen. Weder den Gefangenen noch uns wurde auch nur mit einem Wort gesagt, was mit den Gefangenen, die sich nicht in Nordrhein-Westfalen, Lübeck oder Berlin befinden, passieren soll. Aufgrund dieser Informationen haben die Gefangenen gesagt, wenn es lediglich ein Angebot ist, das neun Gefangene betrifft, dann ist es nicht akzeptabel. Es müßte schon alle Gefangenen umfassen.

Wenn das Angebot so erweitert würde, daß alle Gefangenen in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Berlin zusammengelegt würden, wäre das verhandlungsfähig?

Das wäre auf jeden Fall verhandlungsfähig. Wir sagen ja immer für unsere Mandanten, daß sie kompromiß- und gesprächsbereit sind.

Die Diskussion wird ja zur Zeit auch von der Frage der Gruppengröße bestimmt. Unter der Prämisse, daß alle Gefangenen gemeint sind, ist die von den SPD-Ländern vorgeschlagene Gruppengröße von vier bis sechs Personen für die Gefangenen akzeptabel?

Das wäre ein Punkt, über den man dann reden müßte. Vier bis sechs Personen sind natürlich zu wenig. Das käme einer Kleingruppe gleich, wie es sie bisher in verschiedenen Bundesländern schon gab. Die Gefangen sagen immer wieder, sie wollen die Zusammenlegung in großen Gruppen. Aber über die Zahl kann man reden.

Die SPD-Länder fordern in ihrem Vorschlag weiter, daß die Gefangenen ihren Hungerstreik vorher aufgeben müßten.

Wenn es eine verbindliche Zusage gäbe, die alle Gefangenen umfaßt, dann könnte ich mir vorstellen, daß sie ihren Hungerstreik abbrechen oder unterbrechen würden.

Interview: Wolfgang Gast