: Öko, Bio, Natur?
■ Die Bremer Umweltberatung informiert auf der Biota-Messe in der Stadthalle kritisch über die Produkte der Unternehmen, die mit umweltrelevanten Versprechungen werben
Seitdem immer mehr VerbraucherInnen ihre Betroffenheit über die Vergiftung der Umwelt in einem veränderten Konsumverhalten zum Ausdruck bringen, ist ein neuer Markt entstanden. Zu den alternativen Produzenten, die diesen Markt seit langem bedienen und ihn gewissermaßen gegründet haben, sind jetzt verstärkt auch AbieterInnen von herkömmlichen Produkten, sogar Großunternehmen gestoßen. Ihre
Kreativität, ihre neuen Ideen und ihr eingesetztes Kapital haben sich aber bei weitem nicht nur auf die Umstellung zu einer ökologisch verantwortlichen Produktion bezogen. Insbesondere in der Werbung ist Naturverbundenheit und Umweltschutz nicht mehr wegzudenken. Scheuermilch mit dem Namen „Natura“, „biologisch abbaubare“ Waschmittel und gar „umweltfreundliche“ Desinfektionsmittel überfluten
den Markt und starten ihren Angriff auf die Geldtaschen der umweltbewußten VerbraucherInnen. Sehr zum Zorn der UmweltschützerInnen.
Die haben nicht nur den unlauteren Werbemethoden dieser Unternehmen den Kampf angesagt, sondern auch dem überkommenen Konsumverhalten. Unter dem Motto „Öko, Bio, Natur - was kauf ich nur“ informiert die Bremer Umweltberatung ge
meinsam mit mit der Verbraucherzentrale und dem Hausfrauenbund auf der Biota über den schier unübersichtlichen Markt der Naturwaren. „Es werden Eigenschaften der Produkte in der Werbung hervorgehoben, die die Umwelt nicht oder weniger belasten, ohne das diese Aussagen bewiesen werden. Und - das ist unsere zentrale Kritik, andere Eigenschaften werden verheimlicht“, sagt Gerd Adelmann, Ge
schäftsführer der Bremer Umweltberatung. Fast alle Produkte hätten in irgendeiner Weise Auswirkungen auf die Umwelt. Entweder über die Abgabe von Giften in der Produktion, bei der Verwendung oder als Abfall. Adelmann nennt als Beispiel die Farben und Lacke. Auf zwei Tonnen Produkte entfalle hier durchschnittlich eine Tonne Müll.
Adelmann: „Was nützt es denn, wenn jetzt alle Welt den Verzicht auf die Verwendung von FCKWs in den Spraydosen feiert, gleichzeitig aber in den wichtigsten Ersatzstoffen Elemente enthalten sind, die ebenfalls die Ozonschicht angreifen. Die Forderung kann doch nur heißen: Weg mit den Spraydosen.“
Kritik äußern die UmweltschüterInnen auch an dem blauen „Umweltengel“, mit dem das Berliner Umweltbundesamt schadstoffreduzierte Produkte auszeichnet. Hier werde nur der Verbrauchswert eines Produkts im Vergleich zu Konkurrenzangeboten bewertet. So erhält ein Fahrrad mit zusätzlichem Benzinmotor einer bekannten Firma einen Umweltengel, das normale Fahrrad ohne Benzingeruch und Abgase aber nicht. Und während der leise und verbrauchsarme Elektrorasenmäher mit dem weiß-blauen Markenzeichen ausgezeichnet wird, muß der beliebte alte Handrasenmäher auch weiterhin ohne diese himmlische Ehrung verkauft werden.
Adelmanns Appell: Vor der Entscheidung, was gekauft werden soll, muß die Frage stehen: Brauch ich das überhaupt? Dabei müsse man weder auf das saubere Oberhemd noch auf den schmutzfreien Küchenherd verzichten. om
Noch bis einschließlich Sonntag: Halle 5, nahe dem vegetarischen Restaurant.
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