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Ausländerwahlrecht und Fladenbrot

■ Unterbezirk Nord der SPD diskutiert auf einer öffentlichen Mitgliederversammlung die Einführung des kommunalen Wahlrechts / Wenig Interesse bei den GenossInnen

Auf dem Tisch stehen Oliven, Pepperoni und Fladenbrot, in den Gläser funkelt dunkelroter Wein. Eigentlich fehlen nur noch die Klänge der Busuki, um das dem Thema angemessene Ambiente zu erzeugen. Der SPD-Unterbezirk Nord hat nach Schönbeck eingeladen. Das Thema: Einführung des kommunalen Ausländerwahlrechts. Prominenter Referent des Abends ist Ali Elish, Vorstandsmitglied der Ausländerkommission der SPD. Der ist in den letzten Wochen durch die Unterbezirke gereist und hat für das kommunale Ausländerwahlrecht geworben. Er will die Parteibasis für eine offensive Unterstützung gewinnen.

Etwa 30 Interessierte sind gekommen, die VeranstalterInnen sind gut vorbereitet. Dem Referat von Elish folgt ein längerer Beitrag einer Sozialdemokratin über Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Die Gäste hören geduldig zu, dann aber kommen die bekannten Fragen: Wie wird denn das ab '93 mit dem Europäischen Binnenmarkt? Wollen die Ausländer überhaupt ein Wahlrecht? Gibt es dann nicht

auch radikale ausländische Gruppen, die kandidieren?

Die Fragen sind eher zurückhaltend, ausländerfeindlich will hier niemand sein. Aber ein Problem mit den „Ausländerströmen“ sei das schon. Die Menschen seien von den verantwortlichen PolitikerInnen ins Land gerufen worden, zum Teil hätten sie überhaupt nicht gewußt, „was sie hier erwartet“.

„Viel wichtiger ist es, mit finanziellen Hilfen den Leuten ein menschenwürdiges Leben in ihren Heimatländern zu ermöglichen“, will ein Besucher das Problem vertagen. Er könne die Angst vor dem Ausländerwahlrecht für die Ortsbeiräte in Bremen nicht verstehen und halte sie auch für verlogen, argumentiert ein Genosse. Schließlich ginge es hier nur um örtliche Straßenbaumaßnahmen und ähnliche Dinge, und nicht um die Modernisierung von Raketen oder derart wichtige Fragen. Warum eigentlich sollten die Ausländer bei örtlichen Angelegenheiten nicht mitsprechen dürfen. Und überhaupt hätten in der Wirtschaft ausländische Kapitaleigner schon lange etwas zu

sagen, ohne daß sich dagegen öffentlicher Widerstand geregt hätte.

Das kommunale Ausländerwahlrecht gerät jetzt eher in den Hintergrund. Man müsse das alles noch ausführlicher und auch strukturierter diskutieren, formuliert einer den offensichtlichen Konsens des Abends. Die Ausländer, die als Gastarbeiter hierhergekommen seien und auch schon länger hier wohnten, sollten auch ruhig hier das kommunale Wahlrecht erhalten. Und bei den Aussiedlern und den Asylbewerbern sei dringend eine Begriffsklärung notwendig. Das Podium beruhigt: „Von den Asylberwerbern wird ohnehin nur ein geringer Teil anerkannt.“

Ihr SPD-Unterbezirk hätte mal wieder ein brisantes Thema aufgegriffen, eine Reihe von offenen Fragen sei aber noch vorhanden und ihnen müsse weiter nachgegangen werden, konstatiert Traudy Hammerström vom UB-Vorstand. Ob das hier allerdings die Meinung der SPD-Basis war, bleibt offen. Hammerström: „Hier waren heute mehr Gäste als Parteimitglieder.“ om

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