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WIENER VOR AFRIKA

■ Tommy Schneider in der Galerie Neue Räume

Manchmal kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Wenn man in eine Galerie kommt und sich konfrontiert sieht mit quadratischen Bildern, wie denen des Wieners Tommy Schneider in der Galerie „Neue Räume“. Nichts gegen abstrakte Malerei, wenn sie so weit getrieben wird, daß auch gar keine Möglichkeit bleibt, irgendetwas außer der Wahl der Farben hineinzudeuteln. Nichts gegen Abstraktionen von Formen, von Linien und Flächen, die zueinander stehen und sich proportional oder unproportional zueinander verhalten. Nichts gegen reine Schönheit und bloße Boshaftigkeit.

Was aber ist dran an der Malerei von Tommy Schneider, der seine Quadrate mit Farben belegt hat, die mal braun, mal gelb, mal rot tönen, die manchmal mit anderen Farben regelmäßig oder unregelmäßig übermalt sind, die teilweise struktiert sind durch den Farbauftrag, andere wiederum bekommen ihre Struktur durch gekratzte Linien und durch die Komposition mehrerer Farben, die Ordnung schaffen.

Das guckt man sich ganz harmlos an und denkt sich nicht viel dabei. Man kann sich noch Mühe geben und die Malerei technisch kritisieren und darüber hinwegsehen, wenn es nicht Gelegenheit gäbe, den Maler noch zu Wort kommen zu lassen. Der erklärte diese seine Bilder als Studien vor einer Reise nach Afrika, dort wo es am schwärzesten ist. Er philosophierte über den Blick von Ethnologen, die zielgerichtet dorthin fahren, um sich über Land und Leute zu informieren und mit gewissen Ergebnissen nach Hause zu fahren.

Er hingegen bereite sich mit diesen seinen Bildern malerisch auf seine Reise vor. Dort werde er dann im Sommer dieses Jahres zusammen mit einem Freund, jeder mit einer Videokamera „bewaffnet“, unvoreingenommen und ziellos auf Spurensuche gehen. Anschließend werde er das so aufgenommene Material zu einem Video schneiden und zusammen mit Bildern unter dem Titel „Bilder nach der Reise“ diese einem wahrscheinlich nicht minder erstauntem Publikum vorstellen.

Gewiß, seine quadrartischen Bilder haben das Licht der Sonne Afrikas in sich und den Schatten der Regenwälder und den braunen verbrannten Sand, aber mit Afrika hat das wirklich nichts zu tun.

Die Verblüffung über diese „Bilder vor der Reise“ steigert sich allerdings in Verärgerung und Wut, als der Blick auf die Preisliste fällt: Preise von 2.600, 2.800, 2.400 Mark für die drei größeren, jeweils 1.300 Mark für die 15 kleineren Bilder (Ölbilder o. R.). Für die Serie von elf Bildern Öl auf Papier werden immerhin 420 Mark m. R. verlangt.

Eines der kleineren Bilder ist zudem noch unverkäuflich. Ich bin nicht sicher, wer hier wen hinters Licht führen will? Ob ich verarscht werden soll? Ob sich die Galeristin Heidi Springfeld sich über den Tisch hat ziehen lassen? Aber niemand wird soviel Geld für sowenig Kunst ausgeben. Es wird sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit niemand ernsthaft für diese Ausstellung interessieren. Höchstens werden Bilder wie die von Tommy Schneider auf irgendeiner Auktion, die Bilder, Uhren Schmuck und sonstiges anbietet, für 100 Mark als Sammelposten weggehen. Wenn überhaupt.

Qpferdach

Galerie Neue Räume, Lindenstraße39, 1-61 Di-So 17-2 Uhr.

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