: Wirbel um „Akte Telschow“
■ Innensenator Pätzold kündigte nach Durchsicht der „Akte Telschow“ Konsequenzen für die Arbeit des VS an
Innensenator Pätzold (SPD) hat nach einer von ihm angeordneten „ersten Durchsicht“ der „Akte Steffen Telschow“ weitere „dringende Konsequenzen“ für die Arbeit des Verfassungsschutzes angekündigt. Wie die Innenverwaltung mitteilte, seien einige Darstellungen in der Akte „erkennbar sachlich unrichtig“. Auch seien danach nicht alle Unterlagen dem Untersuchungsausschuß vorgelegt worden.
Der aus der DDR stammende 24jährige Telschow hatte Pätzold, der der Parlamentarischen Kontrollkommission für den Verfassungsschutz (PKK) angehörte, auszuforschen versucht. Nach den Ermittlungen der PKK arbeitete er zeitweise in einem „Probelauf“ für den VS und berichtete einem Kontaktmann des Geheimdienstes über seine Gespräche mit Pätzold.
Nun sei festgestellt worden, daß die Staatsanwaltschaft dem Richter, der Telschow wegen einer Gewalttat bei Demonstrationen abzuurteilen hatte, auf ausdrückliches Befragen, weshalb dieser während der Gerichtsverhandlung den Staatsanwalt allein sprechen wollte (Offenbarung seiner Zusammenarbeit mit dem VS), bewußt die Unwahrheit gesagt habe. Sie habe auch gegenüber dem Verfassungsschutz geäußert, der Richter hätte anders entschieden, wenn er die Wahrheit gekannt hätte.
Entgegen der ausdrücklichen Vorschrift, alle wichtigeren Gespräche und Entscheidungen schriftlich aufzuzeichnen, enthalte die Akte keinerlei Aufzeichnungen über die im Untersuchungsausschuß dargelegte „frühzeitige Weisung“ von Innensenator Kewenig, jede Verbindung des Amtes zu Telschow abzubrechen.
Kein höherer Vorgesetzter habe sich damit auseinandergesetzt, daß die Berichte von Telschow und die Aufzeichnungen darüber gesetzeswidrig gewesen seien und auch keine Abwägung zwischen einem Schutz Telschows und der „Redlichkeit gegenüber Öffentlichkeit, Parlament und dem zur Kontrolle berufenen einzelnen Parlamentarier andererseits“ angestellt. Eine Leitungskraft des Amtes habe im Gegenteil nach Bekanntwerden der Affäre „unaufgefordert einen schriftlichen Vorschlag unterbreitet, der darauf hinausläuft, wie die Öffentlichkeit und der betroffene Abgeordnete am besten weiter hinters Licht geführt werden können“.
Pätzold kündigte an, er werde die gebotenen Konsequenzen so schnell wie möglich ziehen. Für den Bereich der politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft habe er Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) die Unterlagen für die erforderlichen Maßnahmen zur Verfügung gestellt. Der Schaden, den das Landesamt in der Öffentlichkeit genommen habe, sei nur durch eine schnelle und vollständige Aufklärung, Offenlegung und Abstellung aller Fehlentwicklungen zu beheben.
dpa
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