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WIR UNTER UNS

■ Pro und Contra „Streitkultur“

Zum Beispiel: nach allem, was vorgefallen ist, können sie einander nicht mehr ab: zwei Kulturredaktionen hat die taz, sie arbeiten Raum an Raum, aber die milchgläserne Tür zwischen beiden ist verscholssen, und zwar mit dem Schlüssel. Das Show-Wort „Streitkultur“ wird täglich mit dem Speichel der Verachtung aus separaten Stiften herausgekaut. Soviel zur linken Feindbildtradition und zur buchstäblichen Theorie des Diskurses, zu Wahrheit und Dichtung.

Wer am vergangenen Samstag im Tempodrom tatsächlich noch geglaubt haben mag, wo „Pro und Contra“ draufsteht, ist auch „Pro und Contra“ drin, der ist nach zehn Jahren wirklich selber schuld. Ein sauberes „Wünsch-dir-was„-Kränzchen war es, das vom Festpodium herunter als Streitrunde präsentiert werden sollte: Gernot Gailer, Peggy Parnaß, Bommi Baumann und Pike Biermann; sie gehören im Kopf und Bauch irgendwie alle so zu unserer grundsauberen linken Einrichtung wie das Biedermeierlämpchen zum Nachttisch.

Ernst Elitz vom Süddeutschen Rundfunk spielte bei diesem selbstgefälligen Familienspiel den unparteiischen Dietmar Schönherr, und als scheinbarer Contra-Punkt war eben wieder nur ein properes Feindbild geladen: Gerd Nauhus (Wenn schon ätzen, dann bitte korrekt: Nouhuys. die k.), Ex-Herausgeber von 'Playboy‘ und 'lui‘, ein Schweinderl zum Ausbuhen.

Die Dauerfrage des Abends lautete: Welche taz hätten's denn gärn? Und alle wollten nur die eine: klug, intelligent, kritisch, auflagenstark mit witzigem Horoskop- und Klatschleim beschmiert zwecks hoher Leserbindung, dabei staatsmachtdistanziert und nicht unbedingt regierungsfeindlich, dissensfähig und brüderlich wie ein Wald, und bloß keine Axt, kurz: ein Blättchen für die ganze Familie. Und nur das programmierte Schweinderl machte sich vorhersehbarerweise unbeliebt, weil es nicht bloß den Ausverkauf innerer Worte forderte: ein aggressiveres Lay-Out muß her, und alles Gute für die Zukunft.

Das Applausometer verlieh schließlich den großen Preis: Ja, wir wollen sie alle, so wie wir eben von ihr geschwärmt, fabuliert und gephraselt haben, unsere taz, weil es keine andere gibt. Eben? Eben! Dann wieder Musik zum Mitmachen und die Verlosung eines Fahrrads zum Mitfahren. Die Niete des Abends wurde auch noch an die Frau gebracht, ein Zehn-Jahres -Abo, und noch später habe auch ich von einer taz geträumt, aber da war ich shon sturzbetrunken... Eben!

Rainer Maria Bilka

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