piwik no script img

Im Strudel der Öl-Multis

■ Die Irrfahrten eines aufrechten Autofahrers und Boykotteurs

QUERSPALTE

Ich gestehe. Ich besitze ein Auto. Es heißt „Peter“, ist ganz schnuggelig, schneeweiß, hat 40 PS und verbraucht laut DIN-Vorschrift bei 90 km/h auf der Autobahn 4,9 Liter Kraftstoff, wie sich das für einen ordentlichen Ökologie -Redakteur gehört. Wir benutzen es - ehrlich! - in Fahrgemeinschaft, täglich zu dritt.

Das Unheil fing mit einem Anruf von Naturschützern an. Penner, Nappsülzen, noch nichts vom Texaco-Boykott gehört? Texaco bohrt nicht nur im Wattenmeer nach Öl, sie rufen auch Tanker zurück, um in einzelnen Ländern künstliche Benzin -Knappheit zu schaffen, sie bezahlen Sozialwissenschaftler, die ihnen verraten, wie man Bürgerinitiativen aufs Kreuz legt. Jetzt gehören sie auch noch dem Atommagnaten RWE. Kurz: Schweinefirma, sowas tankt man nicht. Gebongt.

Es war an einem sonnigen Januarmorgen, als mich unser Südafrika-Redakteur beim schamhaften Ausbiegen an der Shell -Tankstelle erwischte. Hast Du noch alle am Sträußchen, schon mal was vom Boykott-Aufruf der Anti-Apartheid-Gruppen gehört? Shell tanken als Kumpanei mit dem Rassistenregime? Ich lächelte milde und versprach: Nie wieder.

Hinfort nahm ich zum Tanken einen kleinen Umweg in Kauf und fütterte den Renault erleichtert mit BP. Das ging auch ganz gut, bis den Kumpels vor der britischen Küste ihre Bohrplattform „Piper Alpha“ um die Ohren flog. Die Ermittlungen ergaben das übliche: katastrophale Sicherheitsdefizite, grobe Mißachtung von Vorschriften. Die Toten waren ein Opfer der Ökonomie. Ich wußte nur eines: Schluß mit BP.

Esso war mir noch nie sympatisch. Die tumbe Tiger-Reklame, und sie hatten ja schon genug auf dem Kerbholz. Die Alaska -Katastrophe mit der Null-Prävention des Öl-Multis, seiner totalen Ignoranz gegen alle Vorsorgemaßnahmen bedeutete trotz aller Empörung auch ein Stück Erleichterung. Endlich nie mehr Esso. Seitdem tanke ich - der Motor durch ständigen Benzinwechsel schon leicht am Röcheln - mit Aral. Meine letzte Hoffnung: Bis zum taz-Umzug in die Kochstraße Mitte Juni darf nichts mehr passieren. Ab Juni fahr ich die zwokommafünf Kilometer ins neue Domizil mit dem Fahrrad von Peugeot (das sind die, die den EG-Abgas-Kompromiß sabotiert haben).

Manfredo

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen