: Gefahr durch leere Wagen
■ Unfallbilanz der Bundesbahn nach dem Unglück bei Rothenburg Verzögerungen durch fehlende Ausrüstung zur Bergung / Bahnstrecke wieder frei
Wenn es um Gefahrgüter geht, heißt „leer“ keineswegs auch automatisch „ungefährlich“. Denn bei dem Unfall on Rothenburg waren es drei „leere“ Kesselwagen, die dafür sorgten, daß rund 1.000 EinwohnerInnen der Stadt an der Wümme rvakuiert werden mußten. Für den Chemie-Konzern Dow bei Stade ist jedoch gerade dieser Unfall, bei dem insgesamt 21 Güterwagen wegen eines defekten Rades entgleisten, die Bestätigung seiner Sicherheitsempfehlungen für den Transport des hochexplosiven Propylenoxid. „Die Behälter sind nicht leckgeschlagen, obwohl Fahrwerk und Rahmen des Kesselwagens zertrümmert wurden“, heißt es in einer Pressemitteilung des Chemie-Konzerns.
Eine ähnlich selbstzufriedene Unfallbilanz kann die Bundesbahn nicht ziehen. Schließlich verzögerten sich die Bergungsarbeiten erheblich, weil es am geeigneten Räumgerät fehlte. Unmittelbar nach dem Unfall am Samstag abend war entschieden worden, die Bergung der Kesselwagen auf den nächsten Morgen zu verschieben. Als man dann be
ginnen wollte, stellte sich heraus, daß die Schienen-Kräne der Bahn nicht ausreichten. So mußte erst einmal ein privates Unternehmen beauftragt werden. Auch die für den Abtransport der entgleisten Waggons benötigten, speziellen Flachwagen waren nicht zur Stelle.
Erst am Sonntag um 17.00 Uhr konnten die Evakuierten wieder in ihre Wohnung zurückkehren.
Daß auch von den „leeren“ Kesselwaggons Gefahr ausgehen kann, liegt daran, daß nach Entleerung keine Reinigung vorgesehen ist. Dies spart Entsorgungs
kosten, wenn wieder derselbe Stoff geladen werden soll. Für die Bevölkerung bedeutet es allerdings, daß eine Gefährdung nicht nur dann vorliegt, wenn wie in diesem Fall Propylenoxid und Toluyenosocyanat, beides Vorkomponenten für die Herstellung von Schaumstoffen, transportiert werden, sondern auch wenn dieser Wagen „leer“ zu den Produzenten Dow und Bayer (Brunsbüttel) zurückgehen.
Die Bahnstrecke zwischen Bremen und Hamburg ist im übrigen wieder frei passierbar.
Kai Fabig / taz-HH
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