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KANNEN STATT MPs

■ Blurt im Loft

Eine backsteinwand, feuerleiter abwärts, am fuße derselben genau an der ecke neben der regenrinne zwei tonnen, die stehen dort schon seit jahren, rostig geworden. Jeden abend kommt er hier vorbei, der lange, hagere, zerschorener schädel mit „two London punks died in my coat“ darin, kickt einen stein gegen die tonnen oder schlägt mit einem stock. Da tönen die noch hart und hell.

In den tonnen, um sie herum, wächst der müll, garbage; daheim sagt er rubbish, litter, und die müllabfuhr streikt schon lange. An einem abend nach heftigem regen kommt der kurzgeschorene das dampfende trottoir entlang, sein hemd klebt unter den hosenträgern auf seinem rücken. An den tonnen liegt ein stück metall, alt, muffig zwischen all den aufgeweichten papiertüten und ausgepreßten orangenschalen. Er greift eine der tonnen, dreht sie, kippt sie um mit getöse, stellt sie auf den kopf, nimmt das stück metall und schlägt auf die tonne, dreht auch die zweite um, schlägt auf sie ein und schlägt und schlägt. Das vierundvierzig jahre zerfurchte gesicht glänzt vor anstrengung.

Unten dröhnt die subway fast die ganze nacht lang, und oben in den häusern scheint licht, rot, gelb und blau, kühlschränke stehen offen, nur dosenbier darin. Tv flimmert: auf dem bildschirm ein irrer saxophonist, der allmählich vor den toren der subway steht und spielt, bis er mit der mp in die menge der versammelten subway riders schießen kann. Der hagere schlägt weiter, und während er trommelt und trommelt, passieren seltsame dinge: all die puppen, die er früher einmal gespielt hat, steigen aus den gullis, klettern auf die tonnen, tanzen und treten den rhythmus, zupfen an drähten, bis das metallstück zu glänzen und zu biegen beginnt, löcher bekommt. Da nimmt der puppenspieler die goldene „kanne“, steigt zu seinen geschöpfen auf die tonnen und malträtiert sein instrument, hält zwiesprache mit ihm, immer weiter zu dem monotonen schlagen der tonnen und dem schartigen drahtgekläng, führt auf dem knochigen tongerüst seine akrobatik auf, schleudert dada-weisheiten auf das pflaster, tanzt zu trommelwirbeln zwischen New York und London, zwischen no wave, jazz und punk, bläst sich seine ganze wahnwitzige seele aus dem leib, blurting out.

Irgendwann haben sich zu seinen füßen menschen versammelt, die sich nicht mehr losreißen können. Er mit seinem schweißnassen hemd unter den hosenträgern nimmt seine kanne und schießt einen neuen atemstoß in die menge der subway riders. Hei, wie ihn das freut.

winkler/wahjudi

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