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Beirut: Geschosse im Sechs-Sekunden-Takt

■ Wieder 18 Tote im Libanon / Frankreich setzt Evakuierung Verletzter fort / Rotes Kreuz liefert Medikamente an Kliniken

Beirut (afp) - Die blindwütigen Bombardements im libanesischen Bürgerkrieg fordern ihre Opfer nahezu ausschließlich unter der zivilen Bevölkerung. Allein in der Nacht zum Dienstag kamen 18 Menschen ums Leben, 120 weitere wurden bei den Gefechten zwischen christlichen und moslemischen Einheiten verletzt.

Die ziellosen Bombenangriffe gegen beide Sektoren Beiruts hatten gegen Mitternacht ihren Höhepunkt erreicht. In der Umgebung des Regierungsgebäudes von General Michel Aoun, dem Chef der christlichen Militärregierung, schlugen in der Nacht über 1.200 Granaten ein.

Im dichtbesiedelten Viertel Aicha Bakkar, dem Sitz der moslemischen Regierung unter Ministerpräsident Salim Hoss, explodierten die Geschosse im Sechs-Sekunden-Takt.

Erneut brachen zahlreiche Brände aus, die wegen des Wassermangels und der Bombenangriffe nicht gelöscht werden konnten. Wegen des heftigen Beschusses der Beiruter Küstengebiete mußte die zypriotische Fähre „Larnaca Rose“ ihren Betrieb zwischen der christlichen Hafenstadt Dschunieh und Zypern - die einzige Verbindung der christlichen Gebiete nach draußen - einstellen.

Frankreich setzte am Dienstag die Evakuierung Schwerverletzter an Bord des Lazarettschiffes „Rance“ fort. Nach ersten Informationen sollen etwa 70 Verletzte aus West -Beirut und den schiitischen Vororten zur Behandlung nach Frankreich gebracht werden. Bereits am vergangenen Freitag hatte die „Rance“ zwölf Schwerverwundete aus den christlichen Gebieten des Libanons aufgenommen.

Mit Unterstützung des libanesischen Roten Kreuzes gelang es dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), eine erste Ladung mit elf Tonnen Medikamenten nach Beirut zu bringen und unter den moslemischen und christlichen Krankenhäusern zu verteilen.

Von allen Seiten gingen Appelle an die Bürgerkriegsparteien ein, ihre Kämpfe zu beenden und nach einer politischen Lösung des Konflikts zu suchen.

Die Arabische Liga leitete erste Schritte zur Einberufung einer Dringlichkeitssitzung des Ministerrats über die Lage im Libanon ein, mit dem Ziel, die beiden verfeindeten Lager zum Waffenstillstand zu bewegen.

UNO-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar richtete einen „eindringlichen Appell an alle direkt oder indirekt Beteiligten“, für Frieden zu sorgen und somit die Voraussetzung für einen „großen libanesischen Dialog“ zu schaffen.

In Ost-Beirut trafen sich unterdessen 23 christliche Abgeordnete unter Leitung des maronitischen Patriarchen Nasrallah Sfeir, um nach einem Ausweg aus der politischen Sprachlosigkeit zwischen beiden Lagern zu suchen.

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