: CSU windet sich täglich
Vorläufig kein WAA-Baustopp / Brief von Kohl an Streibl bestätigt Festhalten am nationalen Entsorgungskonzept mit WAA / Bayern will aber nicht kämpfen ■ Aus München Luitgard Koch
Mit Spannung wurde gestern im bayerischen Landtag die Regierungserklärung des bayerischen Ministerpräsidenten Max Streibl zum ins Wanken geratenen Milliardenbau WAA erwartet. Nach einer Vorstandssitzung der CSU am Tag davor deutete alles auf ein geordnetes Rückzugsgefecht der Schwarzen hin. Streibl hatte angekündigt, einen möglichen Baustopp prüfen zu lassen. Nach einer CSU-Fraktionssitzung war davon jedoch nicht mehr die Rede. Stolz verwies Streibl bei seiner Rede im Landtag auf einen Brief von Bundeskanzler Kohl. Kohl versicherte Streibl darin, daß „das geltende Entsorgungskonzept der Bundesrepublik Deutschland durch die Absichtserklärungen der Veba AG und der Cogema zur verstärkten Zusammenarbeit nicht berührt wird“. Bei dem Zusammentreffen mit dem französischen Regierungschef Mitterrand werde die Bundesregierung „keinen Zweifel daran aufkommen lassen“, daß sie ein integriertes Entsorgungskonzept mit einem Standort einer WAA in Deutschland, und zwar in Wackersdorf, für „notwendig hält“, versprach Kohl dem Bayern. Der besonderen Verantwortung gegenüber dem Freistaat Bayern, der mit dem Bau der WAA eine gesamtpolitische Aufgabe übernommen habe, sei man sich bewußt, betonte Kohl. „Das ist für uns die Sachlage“, verkündete Streibl. Zugleich gab Streibl zu, daß mit dem vorliegenden Memorandum vom Energieunternehmen Veba das integrierte Entsorungskonzept mit nationaler Wiederaufbereitung in Frage gestellt sei. Gleichzeitig verwies er auf ein Positionspapier der Bundesregierung zur Bewertung der Lage. Darin heißt es, daß die möglichen Einsparungen beim Strompreis „an Gewicht“ verlieren würden, wenn die Folgekosten einer Aufgabe der WAA einbezogen und die französiche Anlage auf deutsche Sicherheitsstandards nachgerüstet werden müßte. „Der Bau der Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf ist kein Steckenpferd von mir oder der Bayerischen Staatsregierung“, erklärte Streibl zum wiederholtem Male. Wie bereits am Vortag hob er jedoch hervor, falls es bei den Verhandlungen mit der französichen Regierung neue Erkenntisse geben werde, werde Bayern nicht um die WAA kämpfen.
Die Opposition von SPD und Grünen forderte vehement einen sofortigen Baustopp. „Wir wollen den Baustopp haben, verschanzen sie sich nicht hinter dem Bundeskanzler“, so SPD -Chef Karl-Heinz Hiersemann. Der grüne Landtagsabgeordnete Armin Weiß warf der Bayerischen Staatsregierung vor, daß sie mit ihrem Festhalten am nationalen Alleingang der Entwicklung und Forschung für alternative Energien Mittel entziehe. Mit den eingesparten Geldern könnte der Ausstieg aus der Atomenergie finanziert werden. „Vom öffentlichen Interesse her müßten sie die Sofortvollziehbarkeit sofort aufheben und den Baustopp vollziehen“, so Weiß. Einziges Interesse am Bau der WAA, so betonten Grüne und SPD übereinstimmend, sei die Erzeugung waffenfähigen Plutoniums. Die Vorstandschaft der Bayernwerke München betonte, die Zukunft der WAA sei ausdrücklich „eine politische Frage“. Die Einsparnis der Kosten sei noch nicht endgültig geklärt. Kommentar auf Seite 8
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