piwik no script img

DVU: In Leer hat sich's ausgedruckt...

■ ...in Bremen wird weiter eingetütet: Druckerei Gerhard Rautenberg (Leer) nimmt keine neuen Aufträge der „Deutschen Volksunion“ an / Bremer Kuvertierfirma „R & B - Briefpack“ verdient bestens an der „DVU“

Die rechtsradikale „Deutsche Volksunion - Liste D“, die WählerInnen bevorzugt per Brief agitiert, muß sich eine neue Druckerei suchen. Denn die mittelständische Druckerei Rautenberg im ostfriesischen Leer will künftig keine Aufträge des Dr. Frey mehr annehmen. Für den Unternehmer Gerhard Rautenberg eine „schwere Entscheidung“. Er kündigte bereits Entlassungen an.

Seit dem Bremer Bürgerschaftswahlkampf im Sommer 1987 druckt „Rautenberg“ für die „DVU“: Zahlkarten und Programme, Handzettel und Bestellscheine. Die Druckaufträge werden nach Ausschreibungen vergeben, und die beiden lukrativen Großaufträge vor der Europa

wahl gingen nach Leer. Die zweite Postwurfsendung steht den BürgerInnen noch ins Haus. 27 Millionen Exemplare laufen derzeit bei Rautenberg in Leer über die hochmodernen Rotationsmaschinen. Unternehmer Rautenberg: „Leer fällt doch nur auf, wenn Betriebe schließen, Olympia, Janssen. Wenn man hier in Ostfriesland sitzt, kann man nicht so wählerisch sein mit Kunden.“ Er hat aus den DVU-Aufträgen nie ein Geheimnis gemacht, steht doch schon im Impressum unter den DVU-Schriften „Druck: Rautenberg, Leer“. AntifaschistInnen in Leer brauchten allerdings einige Zeit, bis ihnen klar wurde, in welchen Größenordnungen in ihrer Stadt an

der DVU-Propaganda gearbeitet und verdient wird. Durch AnruferInnen aus „allen Ecken der Bundesrepublik“ über den Namen „Rautenberg/Leer“ im DVU-Impressum alarmiert, wurde die IG-Metall Verwaltungsstelle Leer-Papenburg hellhörig. Nach dem Wahlerfolg der „Republikaner“ Ende Januar in Berlin gingen VertreterInnen der IG-Metall und der VVN an die Öffentlichkeit. Der Betriebsrat der Firma Rautenberg drohte daraufhin in einem Leserbrief mit den verlorengehenden Arbeitsplätzen. Unternehmer Gerhard Rautenberg dagegen erschien zu einem Gespräch im DGB-Haus, um sich die Argumente von IG-Metall und VVN persönlich anzuhören - und be

schloß, sich von den „DVU„-Aufträgen zu trennen. Rautenberg findet seine Entscheidung dennoch widersinnig: „Die DVU kriegt vom Staat Geld und dieses Geld dürfen wir denen nicht abnehmen.“

Geschichtliches Kuriosum: In dem Gebäude, in dem Rautenbergs aus Ostpreußen eingewanderter Vater 1949 die Druckerei eröffnet hatte, war bis 1945 das Blatt der Leerer NSDAP „Ostfriesische Tageszeitung“ in Druck gegangen.

In Bremen hatte sich bereits im Januar ein Unternehmer öffentlichen Protesten gebeugt: Der Inhaber der Kuvertierfirma „Gebhard Müller“. Seine Beschäftigten hatten seit dem Bremer Bürgerschaftswahlkampf dafür gesorgt, daß die bei Rautenberg gedruckten Propagandaberge auch in Briefumschläge kamen. Nach einem taz-Bericht entstand durch aufgebrachte Kuvertier-Kunden „viel Wirbel“ in der Branche und Gebhard Müller gab

den DVU-Auftrag ab. Erst jetzt wurde bekannt, daß ein anderer Bremer Kuvertier-Betrieb den umstrittenen Auftrag übernommen hat: Der Branchen-Neuling „R & B Briefpack“ in Brinkum (Bassumer Str. 49). Geschäftsführer Horst-Dieter Bohlmann: „Wir haben uns entschlossen, jeden Auftrag anzunehmen, sonst gehen wir pleite.“ Bohlmann stritt jedoch gegenüber der taz ab, daß durch seine Kuvertiermaschinen DVU -Propaganda läuft. Allerdings beobachteten Augenzeugen, daß in der Bassumer Straße „waggonweise“ DVU-Post versandvertig gemacht wird. Allein im April lieferte „R & B Briefpack“ dreimal beim Postamt Stuhr an, ohne daß die PostbeamtInnen ihre Gewerkschaft informierten: Am 3. April 15.000 Briefe a 54 Gramm, am 12. April 30.000 Briefe...

Ob die DVU sich bald auch einen neuen Kuvertierbetrieb suchen muß, bleibt abzuwarten.

Barbara Debus

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen