: SPD stellt Weichen für Atomfabrik
■ Urananreicherungsanlage in Gronau wird ausgebaut / Genehmigung des „bisher deutlichsten Zeichen für das Abrücken vom Ausstiegsbeschluß der SPD“ / Demonstration am 6. Mai
Berlin (taz) - Die einzige bundesdeutsche Urananreicherungsanlage in Gronau wird erheblich ausgebaut, ihre Kapazität mehr als verdoppelt. Von der spektakulären Wackersdorf-Diskussion „überschattet“, hat die nordrhein -westfälische Landesregierung am Mittwoch der Betreibergesellschaft Uranit die Genehmigung für den Ausbau erteilt. Ab Mitte der 90er Jahre sollen in Gronau jährlich 1.000 Tonnen Uran angereichert werden, gegenwärtig ist die Anlage auf eine Produktion von 400 Tonnen ausgelegt.
Bürgerinitiativen und die Grünen in NRW haben gestern die Entscheidung des Düsseldorfer Wirtschaftsministeriums als „Kniefall vor der Atomindustrie“ bezeichnet. Die Genehmigung für den Ausbau in Gronau sei das bisher deutlichste Zeichen für ein Abrücken von den Ausstiegsbeschlüssen der SPD, erklärten die Grünen. Unter dem Druck der Betreiberfirma habe die Landesregierung dem Ausbau einer Anlage zugestimmt, die „nur dann sinnvoll ist, wenn man sich mit einem jahrzehntelangen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke einverstanden erklärt“. Wenn die SPD wirklich aussteigen will, hätte sie den aggressiven Ausbau der Anlage stoppen müssen.
Die Urananreicherungsanlage in Gronau ist ein zentraler Baustein im bundesdeutschen Brennstoffkreislauf. In Gronau wird seit 1985 der Brennstoff für bundesdeutsche Atommeiler hergestellt. Das angereicherte Uran wird danach in den Brennelementfabriken verarbeitet. Uranit gehört dem RWE, der Preußenelektra und der Hoechst AG.
Die Bürgerinitiative „Arbeitskreis Gronau“ wies gestern auf die offenen Erpressungsversuche der Betreiberfirma hin. Die Uranit habe Anfang April Zwangsurlaub für ein Teil der Belegschaft angekündigt und als Begründung die fehlende Ausbaugenehmigung genannt. Außerdem sei bereits eine Entlassungsliste mit 65 Namen zusammengestellt worden. BI -Mitglied Werner Neumann: „Die haben unheimlich Dampf gemacht“. Die Erweiterung in Gronau sei denn auch ohne ein eigenständiges Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz und ohne Öffentlichkeitsbeteiligung abgewickelt worden.
Die Grünen wiesen auf das hohe Störfallrisiko der Anlage hin. Das in Gronau verwendete Uranhexafluorid reagiere in Verbindung mit Wasser hochexplosiv und sei chemisch sehr giftig. In dem Tieffluggebiet werde Uranhexafluorid unter freiem Himmel gelagert.
Die Bürgerinitiativen rufen für den 6.Mai zu einer Demonstration gegen die Urananreicherung in Gronau auf. Es sei höchste Zeit, daß breitere Kreise „eine der brisantesten Atomanlagen der internationalen Atomindustrie“ endlich zur Kenntnis nehmen.
man
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