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Alles nur Hysterie?

■ Die Angst vor den Rechtsradikalen

Einige Kommentatoren waren sich im Nachhinein ganz sicher: Es war alles nur Hysterie, geschürt durch ein paar blutrünstige Flugblätter der Rechtsradikalen, vervielfältigt durch die Boulevardpresse. Die Angst vieler Ausländer vor handgreiflichem Fremdenhaß sei unberechtigt gewesen. Der gewalttätige Rechtsradikalismus sei in der Bundesrepublik unbedeutend.

Tatsächlich gab es am Hitler-Geburtstag weniger rechtsradikale Übergriffe als befürchtet. Aber die jungen und alten Faschisten haben dennoch ihr Ziel erreicht: Ihr politischer Erfolg besteht nicht in der einen oder anderen handgreiflichen Aktion, sondern in der Angst, in der defensiven Reaktion der Betroffenen und in der furchtsamen Teilnahmslosigkeit der deutschen Bevölkerung - die guckt wieder einmal weg und will nicht wahrhaben, was sich an Fremdenhaß zusammenbraut.

Diese Passivität und Defensive sind das eigentliche Problem. Warum haben Lehrer ausländischen Schülern empfohlen, zu Hause zu bleiben, anstatt vorher zu organisieren, daß die ausländischen Kinder auf dem Schulweg von deutschen Eltern und Kindern begleitet werden? Dazu braucht es keine Bürgerwehren, keine martialisch agierenden antifaschistischen „Schutztruppen“, auch keine spektakulären Polizeieinsätze - all dies heizt das Klima der Angst, das die Rechtsextremisten zu verbreiten suchen, eher noch an. Notwendig wäre eine in Deutschland seit jeher seltene Tugend: einfache, alltägliche Zivilcourage.

Martin Kempe

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