: Polizei im Keller
■ Anklage gegen Claudia O. und Wolfgang B. erhoben / Strafverteidiger protestieren gegen Zusammenspiel von Polizei und Verfassungsschutz
Die Staatsanwaltschaft hat jetzt gegen Claudia O. und Wolfgang B. Anklage wegen „Unterstützung einer kriminellen Vereinigung“ nach Paragraph 129 erhoben. Das teilte die Vereinigung Berliner Strafverteidiger mit. Die Angeklagten werden beschuldigt, sie hätten Sprengstoff gelagert und damit die „Amazonen“ unterstützt. Die „Amazonen“ hatten sich zu Anschlägen auf Konzerne und Sex-Shops bekannt.
Die Strafverteidiger-Vereinigung protestierte gestern gegen eine „unzulässige Zusammenarbeit von Verfassungsschutz und Polizei“ in den Ermittlungen, die zu der Anklage führten. Kronzeuge der Staatsanwaltschaft sei ein Polizeihauptmeister, der seit Juni 1984 im Auftrag des Verfassungsschutzes als verdeckter Ermittler „im linksextremistischen Umfeld“ in Kreuzberg tätig gewesen sei. Er habe den Keller angemietet, der dann von den Angeklagten als Depot genutzt worden sein soll. Außerdem habe er „Materialien“ in seine Wohnung transportiert, wo sie dann von Staatsschutz-Beamten sichergestellt worden seien.
Dieses „enge Zusammenspiel von Polizei und Verfassungsschutz“ widerspricht nach den Angaben der Strafverteidiger-Vereinigung dem sogenannten „Trennungsgebot“ der Alliierten. Es widerspreche außerdem „fundamentalen“ strafprozeßualen und rechtsstaatlichen Prinzipien, daß der Verfassungsschutz nach Entdeckung eines konkreten Verdachts Herr des Verfahrens gewesen sei. Daraus folgende „schwierige rechtliche Fragen“ müsse das Landgericht bereits morgen im Rahmen der Haftprüfung bedenken. Die Strafverteidiger forderten Innensenator Pätzold (SPD) auf, dem Verfassungsschutz in dem Verfahren „jegliche Einflußnahme“ zu untersagen.
taz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen