Gewerkschaftsbasis stürzt ihren Boß

■ In Mexiko bringen Lehrer durch Streik korrupten und des Mordes beschuldigten Gewerkschaftsboß zu Fall / Er hatte sich in 17 Jahren ein ansehnliches Vermögen „erarbeitet“

Mexiko-Stadt (dpa/taz) - Der eigentlich auf Lebenszeit gewählte Chef der mexikanischen Lehrergewerkschaft, Carlos Jonguitud, ist am Sonntag unter dem Druck der Basis zurückgetreten. Der Sturz des seit 17 Jahren regierenden Gewerkschaftsbosses war eine der Hauptforderungen eines seit Montag vergangener Woche währenden Streiks, der von 500.000 der 1,2 Millionen gewerkschaftlich organisierten Lehrer unterstützt wird. Präsident Salinas de Gortari dürfte seinen Parteifreund geopfert haben, um gleichzeitig gegenüber der Forderung nach 100prozentiger Lohnerhöhung hart bleiben zu können. Das Arbeitsgericht hat jetzt den Lehrern eine Frist von 24 Stunden gesetzt, in die Schulen zurückzukehren.

Die Streikenden gehören einer Dissidentenfraktion an, die sich vor einigen Monaten aus der „Nationalen Erziehungsarbeiter-Gewerkschaft“ (SNTE) zurückgezogen hat. Dem diktatorisch regierenden Vorsitzenden werfen sie Korruption, Nepotismus und die Ermordung von politischen Gegnern vor. Bei einer Pressekonferenz vor einer Woche erschien Jonguitud mit goldener Rolex am Handgelenk und seidenem Schlips um die Gurgel, um zu verkünden, daß jeder Lehrer „erreichen kann, was ich habe, wenn er sich im öffentlichen Leben engagiert wie ich“. Während seiner Jahre an der Spitze der SNTE hat er es immerhin zu mehreren Häusern und Landgütern, Luxuslimousinen und Bankguthaben von rund 160.000 Dollar gebracht.

Jonguitud ist der dritte korrupte Gewerkschaftsboß, der seit dem Amtsantritt von Salinas de Gortari im vergangenen Dezember den Hut nehmen mußte. Im aufsehenerregenden Fall des PEMEX-Gewerkschafters Joaquin Hernandez Valdivia hatte allerdings der Präsident die Initiative übernommen, um die eigene Macht zu konsolidieren. Im Gegensatz dazu mußte der Vor sitzende der Musikergewerk schaft im März dem Druck der Basis weichen.

Die großen Gewerkschaften sind mächtige Basisorganisationen der herrschenden „Partei der institutionellen Revolution“ (PRI). Sie sorgen dafür, daß ihre Mitglieder immer für die Partei stimmen und verhelfen dadurch ihren Chefs zu großem Einfluß gegenüber der Regierung.

rld