piwik no script img

Hungerstreik-Demo bleibt verboten

Bündnispolitische Auseinandersetzungen um Bonner Demonstration verschärfen sich / Jusos sagen ab  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Die bundesweite Hungerstreik-Demonstration am 29. April in Bonn bleibt nach einer gestrigen Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts weiter verboten. Die Veranstalter rufen gegen diesen Beschluß das Oberverwaltungsgericht Münster an. Gleichzeitig verschärften sich gestern die bündnispolitischen Auseinandersetzungen um die Demonstration sowohl innerhalb als auch außerhalb der Grünen. Nachdem auf einem Bündnis-Treffen am Sonntag zunächst eine Einigung über die Kundgebungsredner erreicht zu sein schien, zogen die Jungsozialisten gestern mittag ihren Demo-Aufruf zurück.

Das Verwaltungsgericht schließt sich in seiner Begründung jener Prognose an, mit der bereits das Bonner Polizeipräsidium das Verbot motiviert hatte: MIt „erheblicher Wahrscheinlichkeit“ seien „Ausschreitungen zu befürchten“, da aus dem „Umfeld“ der beteiligten Gruppen bereits „Gewaltakte“ begangen worden seien. Die Veranstalter hätten dagegen keine Vorsorgemaßnahmen getroffen. Als Demonstrations-Anmelder erklärte dazu Werner Rätz (Kommunistischer Bund), die Entscheidung sei eine „politisch begründete Außerkraftsetzung des Demonstrationsrechts“. Es sei dem Gericht mitgeteilt worden, daß der Konsens, friedlich zu demonstronstrieren, auch die angeblich gewaltbereiten Gruppen umfasse. Alle bisher von einem ähnlichen Spektrum getragenen örtlichen Kundgebungen zum Hungerstreik seien friedlich ver Fortsetzung auf Seite 2

Bischof Kruse zum Hungerstreik: Seite 4

laufen. Auf den Vorbereitungstreffen zur Bonner Demo war vereinbart worden, in Städteblöcken zu demonstrieren, wodurch ein „Schwarzer Block“ ausgeschlossen wurde.

Von seiten der Bonner Polizei gilt damit weiterhin, daß nur eine Kundgebung „ohne Aufzug“ auf der fernabliegenden Rheinau-Wiese erlaubt ist. Das OVG Münster muß jetzt neu entscheiden; die Veranstalter mobilisieren auf jeden Fall „zu dem, was legal ist“. Das Regierungspräsidium Köln favorisiert eine legale Demonstration; auch bei der Bonner Polizei liegen bereits Kompromißvorschläge in der Schublade.

Nachdem es bereits in der vergangenen Woche Auseinandersetzungen darum gab, daß liberal-humanitär gesonnene Unterstützer der Zusammenlegungsforderung bei den Demonstrationsrednern nicht vertreten seien, kam auf einem bundeswei

ten Vorbereitungstreffen am Sonntag zunächst der Kompromiß zustande, dieses Spektrum durch den Berliner Politologieprofessor Wolf-Dieter Narr vertreten zu lassen. Narr sagte am Sonntag auch zu, stellte diese Entscheidung allerdings gestern wieder in Frage. Die Jungsozialisten, die Narr auf dem sonntäglichen Treffen als Kompromißkandidaten vorgeschlagen hatten, entschieden nach langen Hin und Her gestern mittag, sich nun von der Demo zu verabschieden, da die Verbreiterung des politischen Spektrums nicht „abgesichert“ sei.

Die Vorstände von grüner Fraktion und Partei berieten bei Redaktionsschluß noch über eine Erklärung. Diese Gremien hatten gemeinsam mit Jusos, Humanistischer Union und Republikanischem Anwaltsverein einen eigenen Demo-Aufruf herausgegeben. Wie vorher schon einzelne Grünen-Gliederungen hatte der Bundeshauptausschuß am Sonntag hingegen den sogenannten „zentralen“ Aufruf unterschrieben, der sich an den Original-Forderungen des Hungerstreiks orientiert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen