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AfG frauenfeindlich

■ Gleichstellungsstelle legt Jahresbericht vor: Klage über unsoziale Bonner Politik und kleine Kritik am Bremer Senat

Ob ein Glas halb voll oder halb leer ist, kommt bekanntlich auf die Sichtweise an. Eine Erfahrung, die auch Ursula Kerstein, Leiterin der Bremischen Zentralstelle für die Gleichberechtigung der Frau (ZGF), immer wieder macht, wenn im Senat über die Arbeitslosigkeit von Frauen geredet wird. „Die Zahl der beschäftigten Frauen ist gestiegen“, bekommt sie dann von den fachkompetenten Männern zu hören. „Die Zahl der erwerbslosen Frauen ist immer noch überproportional hoch“, lautet Kersteins eigene Sichtweise, die sich auch im 6. Jahresbericht der ZGF wiederfindet.

Verantwortlich ist dafür in erster Linie für Bremens oberste Gleichstellerin die „unsoziale Bonner Politik“, zum Beispiel die 9. Novelle des Arbeits-Förderungs-Gesetzes. Kerstein: „Es ist derzeit kaum möglich, auf Bundesebene Verbesserungen für Frauen durchzusetzen.“

Aber auch mit den eigenen Genossen in Bremen gibt es, acht Jahre nach Gründung der Gleichstellungsstelle, bisweilen größere Probleme. So wird in dem Bericht am Rande erwähnt, daß eine Bewerberin für eine A-14 Stelle gegenüber einem männlichen Kollegen den Kürzeren zog, obwohl sie

unbestritten über die gleiche Qualifikation verfügte: Vorsichtige Formulierung der ZGF: „Die Entscheidung wäre zugunsten der Bewerberin zu treffen gewesen.“

Probleme durch die AfG-Novelle hat auch die Fünf-Frauen -Behörde ZGF selbst: Zwei ABM-Stellen wurden bislang nicht wieder besetzt. Trotzdem: Auch wenn der Senat beschlossen hat, daß ABM-Stellen vor allem im öffentlichen Dienst abgebaut werden sollen, hat Ursel Kerstein noch Hoffnung: „Vielleicht werden wir ja bevorzugt.“ ABM-Stellen hat die ZGF jetzt nur noch in der im vergangenen Jahr gegründeteten Depandance in Bremerhaven. Kersteins Forderung, diesmal in Richtung Senat: „Das müssen Planstellen werden.“

Acht Jahre Gleichstellungstelle, was hat sich geändert? Die Probleme, so Kerstein, sind die gleichen geblieben; die Akzeptanz der ZGF dagegen ist gestiegen. Der Nachweis, daß eine solche Einrichtung notwendig ist, muß nicht mehr erbracht werden. Wäre es da nicht an der Zeit, die ZGF formal aufzuwerten, eine Frauensenatorin oder mindestens eine Senatsdirektorin zu fordern? Kerstein: „Das wäre ganz schön, aber vielleicht ist Bremen da doch etwas zu klein.“

hbk

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