: Dem Leerstand Paroli bieten
■ Auf seiner 500. Sitzung diskutierte der Kreuzberger Stadtteilausschuß über leerstehende Häuser, Mangel an Umsetzwohnungen und Neubau
Eine Veranstaltung der Superlative war die Kreuzberger Stadtteilausschußsitzung am Dienstag abend: Zum 500. Mal saßen sich die Verantwortlichen in Sachen Bauen und Wohnen im Kaufhaus Kato am Schlesischen Tor den Hintern platt. Vor elf Jahren vom damaligen SPD-FDP-Senat gegründet, hat der Ausschuß die Aufgabe, Konflikte um Modernisierungen und Abrißhäuser zu klären. Grund genug für den neuen Bausenator Wolfgang Nagel und den frischgebackenen Kreuzberger Bürgermeister Günther König, an der Jubiläumssitzung teilzunehmen. Aber wohl weniger das Jubiläum als die brisante Thematik „Leerstand von Häusern im Bezirk“ hatte die „Prominenz“ ins Kato verschlagen.
Und so lernte Nagel auch gleich ein Stück bezirklicher Baupolitik kennen: Gegenstand der gutbesuchten Diskussionsrunde war eine Beschlußvorlage des Mietervereins SO36, in der Vorschläge gemacht werden, wie das Verfahren bei öffentlich geförderten Renovierungen zu verbessern wäre. „Leerstand entsteht vor allem, weil es viel zu lange dauert, bis ein Haus im Erneuerungsvorhaben entmietet ist“, erläuterte Ulli Lautenschläger vom SO36. Zuwenig Umsetzwohnungen und zuviel Interesse der Eigentümer, den Baubeginn möglichst weit hinauszuzögern, seien die Gründe für den unverhältnismäßig langen Leerstand der Häuser. Vor allem solle das Antragsverfahren bei den Renovierungen mit öffentlicher Unterstützung zwei Jahre nicht überschreiten. „In der Regel muß das reichen, um sich mit Mietern, Eigentümern und Architekten abzustimmen“, erklärte Lautenschläger den ZuhörerInnen.
Kritik an den städtischen Wohnungsbaugesellschaften übte der Verein S036 in Sachen Umsetzwohnungen. In der Zukunft müßten die sanierungsbetroffenen Mieter dann eben auch im sozialen Wohnungsbau eine Übergangsbleibe finden, forderte SO36-Sprecher Michael Fröhling. Dagegen hätten sich die Verantwortlichen bislang gesträubt. Dazu Bausenator Nagel: „Wir wollen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften wieder zu dem machen, was sie auch in ihrem Namen tragen. Die, die sich politischen Vorgaben nicht stellen, sind entbehrlich.“ Erste Verhandlungen mit den Gesellschaften, auch im Zusammenhang mit benötigten Umsetzwohnungen, habe es bereits gegeben, so der Bausenator.
Schärfere Sanktionen gegen Eigentümer, die Bauvorhaben vorsätzlich verzögern und damit den Häuserleerstand in die Länge ziehen, forderte der Verein SO36 auf der Ausschußsitzung. Er appellierte an den Senat, Eigentümer durch ein Instandsetzungsgebot zur Sanierung zu zwingen. Nagel: „Sanktionen sind nicht günstig. Da rennt man den Eigentümern mit Maßnahmen nur hinterher.“ Vielmehr solle, so der Bausenator, bei Verzug der Bauarbeiten die öffentliche Hand, zum Beispiel der Bezirk, Eintrittsrecht bekommen und als Treuhänder die Renovierungen zum Abschluß bringen.
Eine Alternative ganz anderer Art in Sachen Wohnungsnotbekämpfung präsentierte der Vertreter der S.T.E.R.N. Baugesellschaft, Cornelius van Geissen: Wohnungsneubau an der Köpenicker/Schlesische Straße. Dort, so Geissen, könnten sechs Neubauten entstehen.
cb
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen