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VERGESSEN WIR'S

■ Die „Trillergirls“ beim „Ohrenschmaus“

Ein gesamtes Abendprogramm aus geklauten Songs zusammenzuflicken, ist schon ziemlich dreist. Dazwischen aber derart ungeprobte und peinliche Zwischentexte zu setzen und das Ganze dann als Kabarett zu verkaufen, ist schlichtweg miserabel. Die „Trillergirls“ kommen aus Nürnberg und treten als letzte Gruppe beim „Festival des musikalischen Kabaretts“ auf. Ihre amerikanische Slapstick -Nummer nennen sie „We love you“ und bringen darin eine Palette von Liedern zwischen Zarah Leander und den Andrew Sisters. Eine gute Kontrabassistin und ein smarter Gitarren -Boy - der Alibimann, wie sie kichernd bemerken - begleiten die „Three Singing Ladies“.

Und beim Singen hätten sie auch bleiben sollen. In bunten Glitzerkostümen mit riesigen Schleifen im Haar beginnen sie „I love Coffee, I love Tea“ zu intonieren. Die Lieder, die sie vortragen, sitzen sicher, mit allen Schnörkeln und Einlagen. Aber leider ist das überhaupt nicht komisch: Sie übertreiben nicht, sie karikieren niemand, sie parodieren und verarschen auch nichts. Was sie vorführen, ist eine perfekte Kopie der amerikanischen Unterhaltungs- und Evergreen-Parade aus den fünfziger Jahren. Aber da sich Biggi Riedel, Andrea Fleißner und Beate Sampson nun einmal beim Kabarett befinden, brauchen sie ein paar witzige Zwischentexte: „Da, wo wir herkommen“ ist ihr Extra-Motto; und eben dort gebe es viel Bier, jaja, und gegen die Bierbäuche ihrer Männer hätten sie eine Polka-Diät. Das Kabarettistischste des Abends sind noch die drei kleinen Plastik-Saxophone, mit denen sie manche ihrer Lieder noch einmal nachquengeln. Der Schlußsatz klingt entlarvend: „Die Lieder merken wir uns bis morgen, die Texte vergessen wir wohl.“ Als Andrew-Sisters-Revival-Band hätten sie vermutlich bessere Karten.

Christian Vandersee

Die „Trillergirls“ treten bis zum 30.April täglich um 20.30 Uhr in der Studiobühne Berlin (Bühne 1) auf.

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