Chinas KP verschanzt sich hinter Eliteeinheit

■ Studenten fordern Verhandlungen mit Regierung / Vorlesungsboykott ausgeweitet / Armeeaufmarsch in Peking / Dringlichkeitssitzung der Partei / Deng verlangt hartes Vorgehen gegen Protestierende / Studenten rufen zu neuer Großdemonstration auf

Peking (afp/taz) - „Nervöse Unausgeglichenheit“ attestiert die chinesische Volkszeitung 34 % aller Studierenden zu einem Zeitpunkt, da die KP-Führung zunehmend auf Konfrontationskurs gegenüber den landesweit für mehr Demokratie demonstrierenden Studenten geht. Aufgrund des starken Leistungsdrucks, der Schwierigkeiten, nach dem Diplom einen Arbeitsplatz zu finden, und der zu erwartenden schlechten Bezahlung für die Arbeit von Intellektuellen leiden die chinesischen Studenten in immer größerem Ausmaß an psychischen Störungen, dokumentierte die Volkszeitung die Ergebnisse eines Kongresses zum Gesundheitszustand in den Universitäten des Landes.

Im Zentrum Pekings und in mehreren Vorstädten Pekings wurden unterdessen Soldaten des 38. Armeekorps, einer Eliteeinheit, stationiert. Damit soll die für heute angekündigte Großdemonstration von vornherein verhindert werden. Die Medien kündigten an, daß jede illegale Versammlung aufgelöst werde.

Ungeachtet dieser Drohungen wollen die Studenten ihre Proteste fortsetzen. Inzwischen unterstützen 70.000 Studenten in 41 Hochschulen die Forderung nach Verhandlungen mit der Regierung. In fünf neuen Forderungen wurde auch die Freilassung politischer Gefangener und die Errichtung eines auf Gewaltenteilung basierenden politischen Systems gefordert.

Gestern wurden mehrere tausend chinesische Parteifunktionäre zu einer Dringlichkeitssitzung der KP in die Große Halle des Volkes gerufen, um Instruktionen zur Parteilinie in dem jüngsten Konflikt zu erhalten. Auch in Schanghai, wo die Lage nach Angaben des chinesischen Fernsehens „sehr ernst“ ist, fand eine Sondersitzung der KPCh-Kader statt. Kurz zuvor waren Ministerpräsident Li Peng und der chinesische Spitzenpolitiker Deng Xiaoping zu einer geheimen Unterredung zusammengekommen, war in der Hauptstadt zu erfahren. Dabei bekräftigte Deng, daß an eine Rehabilitierung des früheren Parteichefs Hu Yaobang, dessen Tod am 15. April die Protestwelle ausgelöst hatte, nicht zu denken sei. Hu hatte das Amt des KP-Chefs im Januar 1987 wegen Studentendemonstrationen und wegen seines Reformeifers aufgeben müssen. Deng unterstrich nach Angaben aus Parteikreisen auch, daß die KP dem „Druck“ standhalten müsse, den die Studenten und die ausländische Presse auf die Pekinger Führung ausübten. Die Studentenunruhen müßten „mit allen Mitteln“ beendet werden.

Die Führungsspitze des studentischen Organisationskomitees, das die Pekinger Protestaktionen koordiniert, ist derweil in den Untergrund abgetaucht. Die Studentenführer in der renommierten Beida-Universität verschwanden aus ihrem Hauptquatier.

sl