: Arbeitsverbot für ZDLer bei MBB
Wehrdienstverweigerer und Zivildienstkeistende durften im MBB-Konzern nicht eingestellt werden, angeblich wegen eines „Hinweises“ der Bundesregierung / Dementis aus Bonn / Wird jetzt alles anders? ■ Von Schloesser&Weisfeld
Bremen (taz) Rund 40.0000 MitarbeiterInnen beschäftigt der High-tech- und Rüstungsgigant Messerschmitt-Bölkow-Blohm an 16 Produktionsstandorten in der gesamten Bundesrepublik. Ein ehemaliger Zivildienstleistender oder Wehrdienstverweigerer gehört nicht zur MBB-Belegschaft.
Was MBB-Betriebsräte und Vertrauensleute seit langem vermuteten, ohne es beweisen zu können, ist jetzt Gewißheit: Spätestens seit dem 1.April 1987 galt ein MBB -Vorstandsbeschluß mit der Auschrift „Vertraulich - nur firmenintern benutzen“, in dem es heißt: „Abzulehnen sind Bewerber, die einen Antrag auf Anerkennung als Zivildienstleistender gestellt haben oder anerkannte Wehrdienstverweigerer sind.“ Ebenso grundsätzlich sind BewerberInnen aus 21 „Ländern des kommunistischen Machtbereichs“ - darunter Albanien, die DDR, Polen, die UdSSR, China und Jugoslawien - von MBB-Arbeitsplätzen ausgeschlossen.
Auf einer Betriebsversammlung der Bremer MBB-Raumfahrt -Tochter „Erno“ räumte MBB-Geschäftsführungsvorsitzender Hans-Arnt Vogels im März dieses Jahres das Zivi -Einstellungsverbot erstmals öffentlich ein, schob allerdings die Verantwortung für die Regelung gleichzeitig der Bundesregierung in die Schuhe. Wörtlich erklärte Vogels: „Wir kriegen keine Aufträge vom Verteidiger, wenn wir die Auflagen und Bestimmungen, die der Bundeswirtschaftsminister in dieser Frage wahrnimmt, nicht berücksichtigen.“ Und: „Ich muß Ihnen sagen, (...) daß wir dem Hinweis unterliegen, daß Wehrdienstverweigerer bei uns im Unternehmen leider aus diesen Gründen nicht beschäftigt werden können.“
Wenn Bundesverteidigungs- und Bundeswirtschaftsminister die Wahrheit sagen, hat Vogels der Bremer Erno-Belegschaft damit die Unwahrheit gesagt. Sprecher beider Ministerien bestritten gestern gegenüber der taz nachdrücklich die Existenz einer entsprechenden Auflage. Lediglich bei sicherheitsrelevanten Einzelaufträgen behalte sich das Wirtschaftsministerium die Prüfung der eingesetzten Mitarbeiter durch Verfassungsschutz und BND vor. Darüber hinaus müsse Rüstungsbetrieben generell „eine sicherheitstechnische Unbedenklichkeitsbescheinigung“ des Ministeriums ausgestellt werden. Die Beschäftigung von Wehrdienstverweigerern sei dabei aber ausdrücklich „kein Kriterium“.
Zweifel an der von Vogels behaupteten Klausel der Bundregierung haben auch die Bremer MBB- und Erno -Betriebsräte angemeldet. Sie verstieße, so MBB -Betriebsratsvorsitzender Ludwig Ladewig, nicht nur gegen das Betriebsverfassungsgesetz, sondern auch gegen das Grundgesetz. Auf ein entsprechendes Protestschreiben der Belegschaftsvertreter antwortete MBB-Arbeitsdirektor Komann am 16.April, die Geschäftsführung habe sich „aus gegebenem Anlaß“ erneut mit der Einstellung von ehemaligen Zivildienstleistenden beschäftigt. Bewerbungen von Zivildienstleistenden seien künftig sicherzustellen, „die Bewerbungen Zivildienstleistender sollen sorgfältig bearbeitet werden wie die eines jeden anderen Bewerbers.“ Ob das im Klartext heißt, daß ab sofort auch Wehrdienstverweigerer bei MBB einen Arbeitsplatz finden können, oder nur eine neue Sprachregelung bedeutet, bleibt abzuwarten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen