: Foltervorwurf erbost Südkoreas Polizei
Seoul (afp/taz) - Wegen einer Ohrfeige, die ein lokaler Einsatzleiter erlitt, sahen sich am Freitag über zweitausend südkoreanische Polizeioffiziere veranlaßt, die Kündigung einzureichen. Der oppositionelle Parlamentsabgeordnete Shim Wan-koo soll Polizeidirektor Chung Wuy Youg bei einem Streit über Foltervorwürfe gegen die Behörden geohrfeigt haben.
Der Schlagabtausch ereignete sich im Polizeikommissariat der südlichen Industriestadt Changwon, wo Shim am Donnerstag Anschuldigungen von streikenden Arbeitern nachgehen wollte, die von systematischen Mißhandlungen durch die Polizei gesprochen hatten. Dabei sammelte der Oppositionspolitiker offenbar höchst unmittelbare Eindrücke.
Nach seiner Darstellung wurde er von mehreren Polizisten einer Anti-Aufruhreinheit zusammengeschlagen und traf, als er sich gegen die Angreifer zur Wehr setzte, versehentlich auch Polizeidirektor Chung. Südkoreas Polizeichef unterstellte dem Abgeordneten dagegen, den Einsatzleiter vorsätzlich geohrfeigt und damit beleidigt und bei der Amtsausübung gehindert zu haben. Er kündigte die gerichtliche Verfolgung des Politikers an.
Changwon ist seit Tagen Schauplatz heftiger Auseinandersetzungen, nachdem dort Gewerkschaftsführer auf dem Weg zu einer Demonstration für 18,7 Prozent mehr Lohn festgenommen worden waren. Außerdem sind 22 Gewerkschafter und Beschäftigte des Elektronikherstellers Lucky-Goldstar Co. Zeitungsberichten zufolge in den Hungerstreik getreten, weil die Polizei angeblich drei am Montag festgenommene Arbeiter mit Elektroschocks gefoltert habe.
Der Vorsitzende der regierenden Demokratischen Gerechtigkeitspartei, Jyn Kyu, ermutigte Präsident Roh, unter Umständen mit der Ausrufung des Notstandes auf die breite Streikwelle zu reagieren. Zur Zeit wird in über 400 Betrieben ein Arbeitskonflikt ausgetragen.
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